Giuseppe Ungaretti (1888 – 1970)

geboren am 10. Februar 1888 in Alexandria, Ägypten
gestorben am 1. Juni 1970 in Mailand, Italien


Italienischer Dichter, bekannt vor allem als Begründer des Hermetismus in der italienischen Lyrik.

Als Kind italienischer Auswanderer lebte er bis zum 24. Lebensjahr in Alexandria. Später studierte er in Paris an der Sorbonne und war befreundet mit den Surrealisten Apollinaire, Péguy und Valéry.
Lyrik begann Ungaretti im 1. Weltkrieg zu veröffentlichen, wo er auf Seiten der Italiener kämpfte.
In den 30er Jahren Beginn der Tätigkeit als Professor für italienische Literatur zunächst in Brasilien, die er nach seiner Rückkehr nach Italien 1942 an der Universität von Rom bis zu seiner Emeritierung 1957 fortsetzte.
Daneben auch umfangreiche Tätigkeit als Übersetzer von Racine, Shakespeare, Blake und Mallarmé.
In Deutschland vor allem durch Nachdichtungen von Paul Celan und Ingeborg Bachmann bekannt, die ihrerseits stark vom Hermetismus Ungarettis geprägt waren.

Eric Boerner

Mainacht

Der Himmel setzt auf das Haupt
der Minarette
Kränze aus Licht


Brüder

Zu welchem Regiment gehört ihr
Brüder?

Das zitternde Wort
in der Nacht

Ein Blatt das eben entsprossen

In der erwartungsvollen Luft
die unwillkürliche Empörung
des Mannes der
seine Verletzlichkeit zeigt

Brüder

Mariano, den 15. Juli 1916

Ich bin ein Geschöpf

Wie dieser Stein
des San Michele
so kalt
so hart
so trocken
so feuerfest
so völlig
entmutigt

Wie dieser Stein
sind meine Tränen
die niemand sieht

Den Tod
verbüßt man
im Leben

Valloncello di Cima Quattro
den 5. August 1916



Pilgerfahrt

Im Hinterhalt
in dieser engen Gasse
voller Schutt
habe ich
Stunde um Stunde
meinen Karren gezogen
gewöhnt an den Dreck
wie eine Sohle
oder wie ein Same
des Weißdorns

Ungaretti
Schmerzensmann
dir genügt eine Illusion
um dich zu ermutigen

Ein Scheinwerfer
von drüben
erzeugt ein Meer
hier im Nebel

Valloncello dell'Albero Isolato
den 16. August 1916



Abschied

Sehr geehrter
Ettore Serra
die Dichtung
ist die menschliche Gesellschaft
das eigentliche Leben
wenn es im Wort erblüht
das leuchtende Wunder
einer fiebrigen Gärung

Wenn ich
in diesem meinem Schweigen
ein Wort finde
ist es in mein Leben eingegraben
wie ein Abgrund

Locvizza
den 2. Oktober 1916



Freude am Scheitern

Und sogleich
setzt du die Reise fort
wie
nach dem Schiffbruch
der überlebende
Seebär

Versa
den 14. Februar 1917



Schlafen

Dieser Landschaft
möchte ich nacheifern
wie sie sich hinruht
in ihrem Nachthemd
aus Schnee

Santa Maria La Longa
26. Januar 1917


Lied

Erneut erblicke ich deinen erschlafften Mund
(Das Meer der Nächte hat ihn verschlungen)
Und die Stute deiner Lenden
Sinkt im Verenden
In meine Umarmung, die dich besang,
Und ein Traum lässt dich wieder
Erblühen und neuerlich sterben.

Und die grausige Einsamkeit,
Die jeder Liebende in sich entdeckt,
Trennt mich als ewiges Grab
Für immer von dir.

Liebste, du bist so fern, wie in einem Spiegel …

1932


Lied der Beduinen

Eine Frau erhebt sich und singt
Es folgt ihr verzaubernd der Wind
Und legt zu der Erde sie nieder
Der Wahrtraum nimmt sie sich wieder.

Diese Erde: so nackt
Dieser Windstoß: so stark
Diese Liebe: sie loht
Dieser Traum ist der Tod.

1932


Notte di maggio

Il cielo pone in capo
ai minareti
ghirlande di lumini


Fratelli

Di che reggimento siete
fratelli?

Parola tremante
nella notte

Foglia appena nata

Nell'aria spasimante
involontaria rivolta
dell'uomo presente alla sua
fragilità

Fratelli

Mariano il 15 luglio 1916


Sono una creatura

Come questa pietra
del S. Michele
così fredda
così dura
così prosciugata
così refrattaria
così totalmente
disanimata

Come questa pietra
è il mio panto
che non si vede

La morte
si sconta
vivendo

Valloncello di Cima Quattro
il 5 agosto 1916



Pellegrinaggio

In agguato
in queste budella
di macerie
ore e ore
ho strascicato
la mia carcassa
usata dal fango
come una suola
o come un seme
di spinalba

Ungaretti
uomo di pena
ti basta un'illusione
per farti coraggio

Un riflettore
di là
mette un mare
nella nebbia

Valloncello dell'Albero Isolato
il 16 agosto 1916



Commiato

Gentile
Ettore Serra
poesia
è il mondo l'umanità
la propria vita
fioriti della parola
la limpida meraviglia
di un delirante fermento

Quando trovo
in questo mio silenzio
una parola
scavata è nella mia vita
come un abisso

Locvizza il 2 ottobre 1916


Allegria di naufragi

E subito riprende
il viaggio
come
dopo il naufragio
un superstite
lupo di mare

Versa il 14 febbraio 1917


Dormire

Vorrei imitare
questo paese
adagiato
nel suo camice
di neve

Santa Maria La Longa
il 26 gennaio 1917



Canto

Rivedo la tua bocca lenta
(II mare le va incontro delle notti)
E la cavalla delle reni
In agonia caderti
Nelle mie braccia che cantavano,
E riportarti un sonno
Al colorito e a nuove morti.

E la crudele solitudine
Che in sé ciascuno scopre, se ama,
Ora tomba infinita,
Da te mi divide per sempre.

Cara, lontana come in uno specchio…

1932


Canto beduino

Una donna s'alza e canta
La segue il vento e l'incanta
E sulla terra la stende
E il sogno vero la prendre.

Questa terra è nuda
Questa donna è druda
Questo vento è forte
Questo sogno è morte.

1932


<<Illeguan

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Sono una creatura
 
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Canto beduino

Giuseppe Ungaretti