Wir besitzen gerade genug Religion, um einander zu hassen, aber nicht genug,
um einander lieben zu lernen.
Beim Nachdenken über Vergangenes, wie Kriege, Verhandlungen, Parteigezänk und Vergleichbares, dringen wir so wenig in die damaligen Absichten ein, dass wir uns
wundern, wie Menschen nur so beschäftigt sein konnten, und so betroffen von Dingen,
die so vergänglich waren. Beim Blick in die Gegenwart treffen wir die gleichen
Launen an, doch ohne uns im Geringsten zu verwundern.
Ein weiser Mann ist bemüht, unter Berücksichtigung aller Umstände Vorkehrungen
zu treffen und Schlüsse zu ziehen: Doch schon der kleinste eintretende Zwischenfall
(und im Lauf der Ereignisse ist es unmöglich alles vorherzusehen) verursacht oftmals
solche Wendungen und Veränderungen, dass er am Schluss im gleichen Maße an den
Vorgängen verzweifelt, wie die unwissendste und unerfahrendste Person.
Zuversicht ist eine gute Eigenschaft für Prediger und Redner; denn wer auch immer
seine Gedanken und Gründe einer Mehrheit aufdrängen möchte, wird die Anderen um so
mehr überzeugen, als er selbst überzeugt erscheint.
Wie ist es möglich, von der Menschheit zu erwarten, dass sie Ratschläge
annimmt, wo sie sich zumeist nicht einmal um Drohungen schert?
Ich habe vergessen, ob sich die Ratschläge unter den Dingen befinden, von denen
Ariosto sagt, dass sie nur im Mond zu finden seien. Diese und die Zeit sollten dort
zu finden sein.
Keinem Priester wird mehr zugehört als der Zeit, die uns jene Gedankengänge eingibt,
die uns ältere Menschen sinnloserweise versucht haben, in den Kopf zu pflanzen.
Wenn wir etwas wünschen oder erstreben, dann drehen sich unsere Gedanken
ausschließlich um dessen gute Seiten oder Bedingungen; wenn es erlangt wurde,
dreht sich unser Verstand nur noch um das Schlechte daran.
In einer Glasmanufaktur schaufeln die Arbeiter häufig eine kleine Menge frischer
Kohle, die das Feuer zu stören scheint, es dabei aber sehr belebt. Dies
könnte auf leichte Irritationen bei der Lust verweisen, die verhindern,
dass sich der Verstand langweilt.
Die Religion scheint ein in die Jahre gekommenes Kind zu sein; es benötigt solche Wunder
zu seiner Pflege, die es schon in der Kindheit hatte.
Jeder Freudenanfall wird durch ein gleiches Maß an Schmerz und Langeweile
ausgeglichen; es ist so, als würde man diesem Jahr einen Teil der Steuereinnahmen
des nächsten Jahres vorschießen.
Die zweite Lebenshälfte eines weisen Mannes besteht in der Heilung der Narrheiten,
Vorurteile und fälschlichen Meinungen, die er in der ersten Hälfte aufgelesen hat.
Wenn ein Autor wissen möchte, wie er sich in Bezug zur Nachwelt zu verhalten hat,
lasse man ihn in alten Büchern das betrachten, was ihn erfreut, dass er es vorfindet;
und welche Auslassungen er am meisten beklagt.
Was die Dichter auch immer vorgeben zu tun, es liegt auf der Hand, dass sie
Unsterblichkeit nur sich selbst verleihen: Es sind Homer und Vergil, die wir
bewundern und verehren, nicht Achill und Aeneas. Bei Historikern ist es ganz
das Gegenteil; unsere Gedanken werden von den Handlungen, Personen und Ereignissen
eingenommen, die wir lesen; und wie beachten wenig die Autoren.
Wenn ein wahres Genie auf der Welt erscheint, kann man es an einem unfehlbaren
Kennzeichen erkennen; dass sich alle Nullen dagegen zusammenschließen.
Menschen, die alle Vorteile des Lebens genießen, sind in einer Position, wo
viele Ereignisse zur Desorientierung und Unordnung führen, und nur weniges ihnen
gefallen kann.
Es ist nicht klug, Feiglinge mit Mißachtung zu strafen; wenn ihnen das etwas
bedeutet hätte, wären sie nicht so feige gewesen: Ihre gerechte Strafe ist der Tod,
da sie ihn am meisten fürchten.
Die größten Erfindungen wurden in der Zeit der Unwissenheit gemacht; wie die
Benutzung des Kompass, das Schießpulver und der Buchdruck; und durch die
drögeste aller Nationen, von den Deutschen.
Ein Argument zum Beweis, dass die gemeinen Beziehungen zu Geistern und
Gespenstern generell falsch sind, lässt sich aus der Beobachtung ableiten,
dass Geister niemals von mehr als einer Person gleichzeitig gesehen werden:
Was nur besagt, dass es selten vorkommt, dass mehr als eine Person in einer
Gruppe in dem gleichen hohen Grad von Wahn und Melancholie befallen ist.
Ich neige zu dem Gedanken, dass es am Jüngsten Tag wenig Verzeihung für die
Weisen wegen ihres Mangels an Tugend geben wird, oder den Ignoranten für ihren
Mangel an Glauben; denn beides ist unentschuldbar. Dies führt zu einer
Chancengleichheit zwischen Ignoranz und Wissen. Aber mancher Skrupel bei
den Weisen und manches Laster bei den Ignoranten werden vielleicht
Verzeihung finden durch die Stärke der Verführungskraft, die auf beide
einwirkt.
Manche geschichtlichen Umstände verlieren durch den zeitlichen
Abstand sehr viel an Wert; während einige kleine Umstände sehr wertvoll
werden können; und es erfordert sehr viel Urteilskraft beim Autor,
diese zu unterscheiden.
Es ist zu einem Schimpfwort bei Autoren geworden, vom kritischen
Zeitalter zu sprechen, wie bei den Geistlichen vom sündigen Zeitalter.
Es ist amüsant zu beobachten, wie freimütig das jetzige Zeitalter
Anforderungen an die folgenden stellt: Künftige Zeitalter sollen
hiervon sprechen: Dies wird in aller Zukunft gerühmt werden.
Wobei deren Zeit und Gedanken von solch gegenwärtigen Dingen eingenommen
sein werden, wie jetzt die unseren.
Das Chamäleon, von dem es heißt, dass es sich von nichts als von Luft
ernährt, besitzt von allen Tieren die schnellste Zunge.
Wenn ein Mann einen geistlichen Rang erhält, verliert er seinen Zunamen,
erlangt er einen weltlichen, seinen Vornamen.
Es ist in Streitgesprächen wie in der Armee; wo die schwächere Seite
falsche Lagerfeuer anfacht, und den größeren Lärm macht, damit der
Gegner glaubt, dass sie zahlenmäßig größer und stärker wären, als sie
in Wirklichkeit sind.
Unter der Maßgabe, Vorurteile beseitigen zu wollen, versuchen manche
Menschen Religion, Tugend und gemeine Ehre auszurotten.
In gutsituierten Gemeinwesen wird Sorge getragen, die menschlichen
Besitzgüter zu beschränken; dafür gibt es viele Gründe; und vor allem
einen, der vielleicht nicht häufig genug berücksichtigt wird: Wenn die
Gier des Menschen an jene Gesetzesgrenzen stößt, die ihnen gesetzt wurden,
ist das persönliche Interesse gestillt; und es bleibt ihnen nichts weiter
übrig, als sich um das Gemeinwohl zu kümmern.
Es gibt nur drei Wege für einen Mann, sich selbst an einer Welt zu
rächen, die ihn zensiert: Sie zu verachten; es ihr gleichermaßen
heimzuzahlen; oder zu versuchen, so zu leben, als könnte man ihr
ausweichen. Das erstere von diesen wird meist behauptet; das letzte
ist fast unmöglich; und das zweite ist das allgemein Ausgeübte.
Herodot erzählt uns, dass in kalten Ländern Wildtiere selten
Hörner besitzen; während sie in heißen sehr große haben. Dies
könnte zu einer angenehmen Verallgemeinerung führen.
Ich habe nie von einer besseren Satire auf Anwälte gehört, als der
Vergleich mit Astrologen; wenn sie nach allen Regeln der Kunst
Vorhersagen treffen, in welchem Zeitraum der Prozess entschieden sein wird,
und ob zum Vorteil des Klägers oder des Beklagten; wobei sie den
Fall ausschließlich vom Einfluss der Sterne abhängig machen, ohne
im Geringsten auf die Fallumstände zu achten.
Jener Ausdruck in den Apokryphen über Tobias, und den Hund, der ihm folgte,
habe ich häufig verspottet gesehn; dabei hat Homer mehr als einmal dieselben Worte über Telemachos; und Vergil sagt etwas Ähnliches über Evander. Und
ich halte das Buch Tobias für teilweise sehr poetisch.
Ich habe Menschen gekannt, die über Eigenschaften verfügten, die sehr
nützlich für andere, aber nutzlos für sie selber waren; wie eine Sonnenuhr
vor dem Haus, die alle Nachbarn und Passanten informiert, nur nicht
den Eigentümer drinnen.
Wenn ein Mensch alle seine Meinungen über Liebe, Politik, Religion, Wissen,
und Vergleichbares aufzeichnen würde; beginnend mit seiner Jugend und so weiter
bis ins hohe Alter hinein: Welch ein Bündel von Inkonsequenzen und Widersprüchen
würde das zuletzt ergeben!
Wir wissen nicht, was sie im Himmel machen; aber was sie nicht machen, wird uns
ausdrücklich gesagt; dass sie nämlich weder heiraten, noch verheiratet werden.
Wenn ein Mann heutzutage die Auswahl der Damen beobachtet beim Verteilen ihrer
Gunst, kann er es nicht verhindern, einigen Respekt beim Gedenken an solche Stuten
zu zollen, die von Xenophon erwähnt werden; die, wenn sich ihre Mähnen öffneten,
dass heißt, wenn sie in ihrer vollen Schönheit waren, niemals die Umarmungen
eines Esels zuließen.
Es ist eine traurige Sache, unter Ausschluss zu leben; es ist das Leben einer
Spinne. Vive quidem, pende tamen, improba, dixit.
Das stoische Programm, sein Verlangen zu befriedigen, indem man seine Wünsche
verleugnet, ist so, als würde man seine Füße abschlagen, wenn man Schuhe braucht.
Ärzte sollten nicht über Religion richten; aus demselben Grund weshalb Schlachter
nicht zugelassen sind, Richter über Leben und Tod zu sein.
Der Grund, warum so viele Ehen unglücklich sind, liegt darin, dass junge Damen
ihre Zeit damit verbringen, Netze zu flechten, anstatt Käfige zu bauen.
Wenn ein Mensch aufmerksam durch die Straßen spaziert, wird er, glaube
ich, die fröhlichsten Gesichtsausdrücke in den Trauerkutschen finden.
Nichts macht es einem Menschen schwerer, besonnen zu handeln,
als ein Unglück, das sich aus Beschämung und eigener Schuld ergab.
Die Macht des Glücks wird nur von den Unglücklichen zugestanden; denn die
Glücklichen rechnen alle ihre Erfolge der Besonnenheit und dem Verdienst zu.
Ambition bringt häufig die Menschen dazu, die niedrigsten Dienste zu versehen;
so wie Klettern in derselben Haltung ausgeführt wird wie Kriechen.
Schlechte Gesellschaft ist wie ein Hund, der jene am stärksten beschmutzt,
die er am meisten liebt.
Zensur ist die Steuer, die ein Mensch der Gesellschaft für seine Prominenz bezahlt.
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