[Tristia]

Osip Mandel'štam: Tristia
Petropolis 1921

* * *

Schlaflosigkeit. Homer. Die straffen Segel.
Das Schiffsregister las ich bis zur Mitte:
Solch eine lange Liste, solche Kranichzüge,
Die man vorzeiten über Hellas führte.

Wie ein Kranichkeil: hinein in fremde Grenzen,
Auf Herrscherhäuptern schäumt die Göttlichkeit –
Ging's nicht um Helena, wohin wollt ihr euch wenden?
Was gälte Troja euch, Achäas Männlichkeit?

Das Meer und auch Homer – sie alle treibt die Liebe.
Was bleibt mir anzuhören? Und hier verstummt Homer,
Und große Reden rauscht das Schwarze Meer
Und wird mit Donnerklang zum Kopfende getrieben.

1915


* * *

Mir ist kalt. Der Frühling schenkt, der helle,
Petropolis, wie Flaum, ein neues Kleid,
Doch, wie die Medusa, flößen Nevawellen
Mir noch leichten Widerwillen ein.
Des Nordens Fluss: im Lauf der Uferstraße
Jagende Glühwürmchen – Autos, die rasen –
Fliegen Libellen und stählerne Kerfe,
Während die Sternstiche Goldstrahlen werfen.
Doch niemals zogen Sterne in die Schlacht
Gegen des Meerwassers schweren Smaragd.

1916


Tristia

Ich hab die Kunst studiert, Abschied zu nehmen,
Im barhäuptigen Schmerz nächtlicher Klagen.
Es brüllen Ochsen, die Erwartung währt –
Der Stadtvigilien letzte Stunden schlagen.
Ich ehr den Ritus jener Hahnennacht,
Als, schwer das Kreuz des Leidenswegs erhebend,
Verweinte Augen in die Ferne schauten
Und Klageweiber Musensänge webten.

Wer weiß schon – nur beim Wort: das Abschiednehmen,
Welch eine Trennungszeit bevorstehn wird;
Was uns verheißt der Hähne lautes Krähen,
Wenn die Akropolis im Lichtschein flirrt?
Und beim Beginn solch eines neuen Lebens,
Wenn in der Scheune faul der Ochse brüllt,
Warum der Hahn, als Herold neuen Lebens,
Mit Flügelschlag die Stadtmauern erfüllt.

Ich liebe die Gewöhnlichkeit des Webens;
Das Schiffchen flitzt, die Spindel tanzt und schwirrt.
Da schau: barfüßig wie 'ne Schwanenfeder
Eilt Delia in sanftem Flug zu dir.
O karger Boden unsres Vegetierens!
Wie arm an Freude doch die Sprache ist!
Was war in alter Zeit, kommt alles wieder.
Allein der Augenblick erscheint uns süß.

So soll es sein: durchsichtig ein Figürchen
Auf einer reinen irdnen Schale liegt,
Wie'n Eichhornfell zerlegt in kleine Stückchen,
Tief übers Wachs gebeugt, ein Mädchen blickt.
Nicht wir enträtseln Erebus, den Griechen,
Für Frau'n ist Wachs, was Männern Kupfer ist.
Der Mann erlangt den Opfertod in Kriegen,
Und nur die Frau ist's, die hellsichtig stirbt.

1918


Delia: auf Delos wurden in der Antike Delische Spiele
abgehalten, die Apollonia bzw. Delia genannt wurden.
Desweiteren beschreibt dieser Terminus eine Gattung von
Schmetterlingen.
Hier wohl sinnbildlich für dichterische Inspiration.

Erebus: antike griechische Personifikation der Dunkelheit.
(E. B.)


* * *

Nimm mir zur Freude doch aus meinen Händen
Ein bisschen Sonne und ein wenig Honig,
Wie es Persephone durch Bienen uns befohlen.

Das ungebundne Boot, es ist nicht loszumachen,
Man hört auf Fell nicht den beschuhten Schatten,
Die Angst kann Dämmerleben nicht verwinden.

Für uns verbleiben lediglich die Küsse,
Die pelzigen, wie kleine, leichte Bienen,
Die sterben, wenn sie aus den Körben fliegen.

Sie summen in unfasslich klaren Nächten,
Und ihre Heimat ist der Traumwald Taygetos,
Es nährt sie Zeit, der Honigklee, die Minze.

Nimm mir zur Freude meine wilde Gabe,
So unansehnlich, diese trockne Kette
Aus toten Bienen, die zu Honig Sonne wandeln.

November 1920


* * *

Höchst gleichgestellt mit andern
Erstreb ich deinen Dienst,
Mit trocknen Lippen Wahres
Der Eifersucht entziehnd.
Das Wort, es kann nicht lindern,
Dass Feuchtigkeit entbehrt
Mein Mund, um dich vermindert
Bleibt meine Traumluft leer.

Bin nicht mehr eifersüchtig,
Jedoch: ersehne dich
Und lege auf den Richtblock
Ganz als ein Opfer: mich.
Ich hab dir weder Freude,
Noch Liebe eingehaucht;
Mein Blut hat man mit Fremdem,
Mit Grausamem vertauscht.

Noch wenig Augenblicke
Und ich gestehe dir:
Nicht Freuden, sondern Tücke
Entdecke ich in dir.
Es klingt wie ein Verbrechen:
Mich zieht in unsern Bund
Dein wirr-zerbissnes Lächeln,
Dein zarter Kirschenmund.

Ich fühle mich so schrecklich,
Kehr schnell zu mir zurück.
Ich habe niemals stärker
Dein Nahesein vermisst.
All das, was ich ersehne,
Ich seh es klar vor mir.
Bin nicht mehr eifersüchtig,
Doch rufe ich nach dir.

1920


* * *

Mit rosigem Schaum der Erschöpfung auf zartweichen Lippen
Wühlt sich durch grünliche Wellen zornig der Stier,
Er schnaubt, kein Freund des Geruders, – doch weiblicher Hüften;
Dem Nacken ist neu diese Last, die Arbeit fällt schwer.

Nur selten durchspringt er den Reifen gleich dem Delfin
Oder begegnet der See äußerst stachligem Igel.
Zärtliche Arme Europas, – nehmt alles hin!
Wo fändest du's Joch, den Hals des Ersehnten zu zügeln?

Voll Bitterkeit lauscht Europa dem mächtigen Plätschern,
Das neblige Meer braust rings als Springquell hinauf,
Sichtlich erschreckt sie des Meeres öliges Glitzern,
Wie gern glitte sie diesen Steilhang herunter, der rau.

Um wie vieles mehr wär ihr lieber der Dollen Gequietsche,
Der breite Schoß eines Decks, einer Schafherde Fron,
Hinter dem Heck, dem hohen, das Schimmern von Fischen,
Doch freudlos zieht weiter der Ruderer mit ihr davon.

1922


* * *

Wie fühlen wir uns doch verdrossen,
Mein Schmollmund zeigender Genosse!

Wie krümeln unsre Tabakzotteln,
Ach, Freundchen, Nussknacker und Trottel!

Könnt's Leben doch wie Stare pfeifen
Und hungrig Walnusskuchen greifen,

          Ja, offensichtlich, keinesfalls!

1930


* * *

Du und ich, wir sitzen in der Küche,
Kerosin verströmt süße Gerüche;

Scharfes Messer, und das Rundbrot auch …
Wenn du willst, füll' ich den Primus auf,

Nimm doch dieses Band hier, es ist länger,
Um den Korb zu binden bis zum Dämmern,

Damit wir zum Bahnhof noch gelangen,
Wo's niemand mehr schafft, uns einzufangen.

Januar 1931
Leningrad


* * *

Es stiehlt das Herz nach Mitternacht
Verbotene Stille direkt aus den Händen,
Voll Übermut lebt es ganz sacht –
Du liebst – du liebst nicht: vergleichst es mit nichts.

Du liebst – du liebst nicht, verstehst – du verstehst nicht.
Was zitterst du hier wie ein Findling, vermisst?
Wie nährt sich das Herz nach der Mitternacht?
Eine silbrige Maus seine Vorspeise ist?

März 1931
Moskau


* * *

Für den rasselnden Heldenmut künftiger Welt,
Für den menschlich erhabenen Klüngel,
Verlor ich beim Festmahl der Väter den Kelch,
Und Freude und Ehre vergingen.

Dies Wolfshund-Jahrhundert die Schultern befällt,
Als dächte es, Wolfsblut mit meinem sich mischte;
Der sicherste Schutz wären Mütze und Pelz
Im Ärmel sibirischer Steppen und Hitze.

Keine Feigheit mehr sehn, keinen moddrigen Matsch,
Keine Knochen geflochten aufs Rad.
Mir einzig der Hundsstern in bläulicher Pracht
In Urschönheit nächtelang strahlt.

Führ mich in die Nacht, wo der Enisej fließt,
Die Buche die Sterne erreicht,
Denn nie hat sich Wolfsblut mit meinem vermischt,
Mich tötet nur jener, der mir auch gleich.

17. – 28. März 1931


* * *

Бессонница. Гомер. Тугие паруса.
Я список кораблей прочел до середины:
Сей длинный выводок, сей поезд журавлиный,
Что над Элладою когда-то поднялся.

Как журавлиный клин в чужие рубежи –
На головах царей божественная пена –
Куда плывете вы? Когда бы не Елена,
Что Троя вам одна, ахейские мужи?

И море, и Гомер – всё движется любовью.
Кого нее слушать мне? И вот Гомер молчит,
И море черное, витийствуя, шумит
И с тяжким грохотом подходит к изголовью.

1915


* * *

Мне холодно. Прозрачная весна
В зеленый пух Петрополь одевает,
Но, как Медуза, невская волна
Мне отвращенье легкое внушает.
По набережной северной реки
Автомовилей мчатся светляки,
Летят стрекозы и жуки стальные,
Мерцают звезд булавки золотые,
Но никакие звезды не убьют
Морской воды тяжелый изумруд.

1916


Tristia

Я изучил науку расставанья
В простоволосых жалобах ночных.
Жуют волы, и длится ожиданье,
Последний час вигилий городских,
И чту обряд той петушиной ночи,
Когда, подняв дорожной скорби груз,
Глядели вдаль заплаканные очи,
И женский плач мешался с пеньем муз.

Кто может знать при слове – расставанье,
Какая нам разлука предстоит,
Что нам сулит петушье восклицанье,
Когда огонь в акрополе горит,
И на заре какой-то новой жизни,
Когда в сенях лениво вол жует,
Зачем петух, глашатай новой жизни,
На городской стене крылами бьет?

И я люблю обыкновенье пряжи:
Снует челнок, веретено жужжит,
Смотри, навстречу, словно пух лебяжий,
Уже босая Делия летит!
О, нашей жизни скудная основа,
Куда как беден радости язык!
Всё было встарь, всё повторится снова,
И сладок нам лишь узнаванья миг.

Да будет так: прозрачная фигурка
На чистом блюде глиняном лежит,
Как беличья распластанная шкурка,
Склонясь над воском, девушка глядит.
Не нам гадать о греческом Эребе,
Для женщин воск, что для мужчины медь.
Нам только в битвах выпадает жребий,
А им дано гадая умереть.

1918


* * *

Возьми на радость из моих ладоней
Немного солнца и немного меда,
Как нам велели пчелы Персефоны.

Не отвязать неприкрепленной лодки,
Не услыхать в меха обутой тени,
Не превозмочь в дремучей жизни страха.

Нам остаются только поцелуи,
Мохнатые, как маленькие пчелы,
Что умирают, вылетев из улья.

Они шуршат в прозрачных дебрях ночи,
Их родина – дремучий лес Тайгета,
Их пища – время, медуница, мята.

Возьми ж на радость дикий мой подарок –
Невзрачное сухое ожерелье
Из мертвых пчел, мед превративших в солнце.

1920


* * *

Я наравне с другими
Хочу тебе служить,
От ревности сухими
Губами ворожить.
Не утоляет слово
Мне пересохших уст,
И без тебя мне снова
Дремучий воздух пуст.

Я больше не ревную,
Но я тебя хочу,
И сам себя несу я
Как жертву палачу.
Тебя не назову я
Ни радость, ни любовь;
На дикую, чужую
Мне подменили кровь.

Еще одно мгновенье,
И я скажу тебе:
Не радость, а мученье
Я нахожу в тебе.
И, словно преступленье,
Меня к тебе влечет
Искусанный, в смятеньи,
Вишневый нежный рот.

Вернись ко мне скорее:
Мне страшно без тебя,
Я никогда сильнее
Не чувствовал тебя,
И всё, чего хочу я,
Я вижу наяву.
Я больше не ревную,
Но я тебя зову.

1920


* * *

С розовой пеной усталости у мягких губ
Яростно волны зеленые роет бык,
Фыркает, гребли не любит – женолюб,
Ноша хребту непривычна, и труд велик.

Изредка выскочит дельфина колесо
Да повстречает морской колючий еж.
Нежные руки Европы, – берите все!
Где ты для выи желанней ярмо найдешь?

Горько внимает Европа могучий плеск,
Тучное море кругом закипает в ключ,
Видно, страшит ее вод маслянистый блеск,
И соскользнуть бы хотелось с шершавых круч.

О, сколько раз ей милее уключин скрип,
Лоном широкая палуба, гурт овец.
И за высокой кормою мельканье рыб, –
С нею безвесельныйдальше плывет гребец!

1922


* * *

Куда как страшно нам с тобой,
Товарищ большеротый мой!

Ох, как крошится наштабак
Щелкунчик, дружок, дурак!

А мог бы жизнь просвистать скворцом,
Заесть ореховым пирогом,

          Да, видно, нельзя никак!

1930


* * *

Мы с тобой на кухне посидим,
Сладко пахнет белый керосин;

Острый нож да хлеба каравай …
Хочешь, примус туго накачай,

А не то веревок собери
Завязать корзину до зари,

Чтобы нам уехать на вокзал,
Где бы нас никто не отыскал.

1931


* * *

После полуночи сердце ворует
Прямо из рук запрешеную тишь.
Тихо живет – хорошо озорует,
Любишь – не любишь: ни с чем не сравнишь …

Любишь – не любишь, поймешь – не поймаешь.
Не потому ль, как подкидыш, молчишь,
Что до полуночи сердце пирует,
Взяв на прикус серебристую мышь?

Март 1931
Москва


* * *

За гремучую доблесть грядущих веков,
За высокую племя людей
Я лишился и чаши на пире отцов,
И веселья и чести своей.

Мне на плечи кидается век-волкодав,
Но не волк я по крови своей,
Запихай меня лучше, как шапку, в рукав
Жаркой шубы сибирских степей, –

Чтоб не видеть ни труса, ни хлипкой грязцы,
Ни кровавых костей в колесе,
Чтоб сияли всю ночь голубые песцы
Мне в своей первобытной красе.

Уведи меня в ночь, где течет Енисей,
И сосна до звезды достает,
Потому что не волк я по крови своей
И меня только равный убьет.

17 – 28 марта 1931


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Schlaflosigkeit. Homer. Die straffen Segel
Бессонница. Гомер. Тугие паруса
 
Mir ist kalt. Der Frühling …
Мне холодно. Прозрачная весна
 
Tristia
Tristia
 
Nimm mir zur Freude doch …
Возьми на радость из моих …
 
Höchst gleichgestellt mit andern
Я наравне с другими
 
Mit rosigem Schaum der Erschöpfung …
С розовой пеной усталости …
 
Wie fühlen wir uns doch verdrossen
Куда как страшно нам с тобой
 
Du und ich, wir sitzen in der Küche
Мы с тобой на кухне посидим
 
Es stiehlt das Herz nach Mitternacht
После полуночи сердце ворует
 
Für den rasselnden Heldenmut …
За гремучую доблесть …

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