Anna Andreevna Achmatova

Анна Андреевна Ахматова

geboren am 23. Juni 1889 in Bol'šoj Fontan, heute Ukraine
gestorben am 5. März 1966 in Domodedovo bei Moskau


Gilt als die bedeutendste russische Lyrikerin, die neben Arbeiten über Puškin auch bedeutende Erinnerungen an ihre Zeitgenossen (u.a. Blok, Gumilev, Modigliani) verfasste.

Im Zentrum ihrer Lyrik steht die für Russland sehr charakteristische Bekenntnisdichtung, mit zunehmender Reife kamen aber auch staatsbürgerliche Themen zum Tragen. Besonders hervorzuheben ist ihr passiver Widerstand gegen den sowjetischen Unrechtsstaat, der sie dafür mit Publikationsverboten belegte und in der staatlichen Literaturkritik als »heilige Hure« denunzierte.

Aus ihren Langgedichten (Poemen) stechen besonders das »Requiem« und das »Poem ohne Held« hervor. Ersteres thematisiert das Leiden der Verwandten von Inhaftierten und konnte erst 1989 erstmals in Russland erscheinen. Das »Poem ohne Held« stellt eine komplexe Verbindung zwischen den Vorkriegszeiten der beiden Weltkriege her und entzieht sich bewusst einer eindeutigen Interpretation.

Durch das lange Leben, das ihr entgegen aller Wahrscheinlichkeit beschieden war, konnte sie auch als Mentorin von jungen Dichtern wie Iosif Brodskij den Geist des silbernen Zeitalters weitergeben, den sie selbst noch in ihrer Jugend mitbestimmt hatte.

Eric Boerner

Beim Lesen von »Hamlet«

1

Brachland staubte rechts vom Friedhof,
Hinter dem ein Fluss blau harrte.
Du sprachst zu mir: »Geh doch ins Kloster
Oder heirat' einen Narren …«
Prinzen plappern doch immer nur solches,
Doch die Worte merkt' ich mir, –
Solln sie noch hundert Jahrhundert in Folge
Als Hermelinumhang fallen von dir.

1909                                                     1945
Kiev


2

So als hätte ich irrtümlich
»Du« zu dir gesagt,
Leuchteten die sonst so düstren
Züge wie der lichte Tag.
Bei vergleichbaren Versprechern
Strahlt doch eines jeden Blick …
Hab mich in dich wie vierzig Schwestern
Zart und rein verliebt.

1909                                     1945
Kiev


* * *

»Ich bin tödlich für jene, die zärtlich und jung,
Bin der Vogel der Trauer, der Gamajun.
Doch dich, Grauäugiger, fass ich nicht an.
Ich schließe die Augen, leg die Flügel eng an,
Dass du, mich nicht bemerkend, in den rechten Weg biegst.
Ich ersterbe und sterbe, dass du findest dein Glück …«
Ja, so sang Gamajun in den Herbstzweigen schwarz,
Doch vom leuchtenden Pfad wich der Wanderer ab.

7. Dezember 1910
Carkoe Selo


König Grauauge

Sei mir gerühmt, unausweichlicher Schmerz!
König Grauauge starb gestern das Herz.

Der herbstliche Abend war purpurn und schwül.
Mein Mann kam nach Hause und sagte mir kühl:

»Weißt du, man brachte ihn heim von der Jagd,
Den Leib bei der alten Eiche man barg.

Die arme Königin, jung anzuschaun!
Im Lauf einer Nacht ist sie völlig ergraut.«

Er fand seine Pfeife auf dem Kamin
Und ging dann zur Arbeit, die nächtlich beginnt.

Ich wecke jetzt auf mein Töchterlein fein,
Schau in ihre Augen, die grauen, hinein.

Es flüstern die Pappeln vom Fenster her:
»Es gibt deinen König auf Erden nicht mehr …«

10. Dezember 1910
Carskoe Selo


* * *

Herz ist nicht an Herz gekettet,
Wenn du möchtest – kannst du gehn.
Wie auf Rosen ist gebettet,
Der da frei geht seinen Weg.

Kein Geheule, keine Klagen,
Glücklich werd ich niemals sein!
Küss mich nicht, bin müd, verzagt,
Mich küsst nur der Tod allein.

Quälte mich so lange Tage
Mit dem Winter, der so weiß …
Warum bist du besser, sag es,
Als der Mann, der mir verheißen?

Frühling 1911


* * *

Ich hab gelernt, einfach und klug zu leben,
Zum Himmel aufzuschaun, zu Gott zu beten,
Und lange abends übers Land zu gehen,
Um abzukühln die nutzlose Erregung.

Wenn in den Schluchten Kletten leise rascheln,
Gelbrote Vogelbeeren niedrig stehn,
Beginn ich frohe Verse zu verfassen,
Vom faulig faulen Leben, das so schön.

Ich kehr zurück. Es leckt die Hände mir
Der weiche Kater und miaut versöhnt,
Und es beginnt ein Lichtschein hell zu flirrn
Im Türmchen auf dem Sägewerk am See.

Nur manchmal fliegt ein Storch zu seinem Nest,
Mit seinem Schrei die Stille kurz zu störn.
Und wenn du laut an meine Türe schlägst,
Kommt's mir so vor, als könnt ich dich nicht hörn.

Mai 1912
Florenz (?)


* * *

Zerknülle nicht den Brief, den ich dir schrieb,
Lies, lieber Freund, ihn bitte ganz zu Ende.
Die Unbekannte spielen macht mich müd
Auf deinem Weg als allzeit Fremde.

Nun schau nicht so, lass dieses böse Grinsen.
Bin deine Liebste, ich bin dein.
Doch eine Hirtin, eine Königin
Und Nonne gar will ich längst nicht mehr sein –

In diesem taubengrauen Alltagskleid,
Auf Absätzen, die längst schon schiefgelaufen …
Doch wenn du mich umarmst, brennt's alte Leid,
Dieselbe Angst in diesen großen Augen.

Zerknülle nicht den Brief, den ich dir schrieb,
Musst nicht um die verhohlne Lüge weinen,
Stopf in dein Bündel ihn, wo er ganz tief
Am Boden wird gut aufgehoben sein.

1912
Carskoe Selo


* * *

Echte Zärtlichkeit ist unverwechselbar
Und sie ist leise. Vergeblich
Umhüllst du mir sorgsam
Schultern und Brust mit Pelzen,
Vergeblich sprichst du gefällige Worte
Von der ersten Liebe.
Wie kenne ich diese beharrlichen,
Unersättlichen Blicke von dir.

Dezember 1913
Carskoe Selo


Verse über Petersburg

1

Wieder steckt der Isaaksdom
Im Messgewand fließenden Silbers.
Mit ungeduldigem Drohn
Des großen Peters Ross schnaubt kühl.

Und ein Wind, der schwül und grausam,
Fegt den Rauch von schwarzen Röhren …
Ach! mit seiner neuen Hauptstadt
Ist der Herrscher unzufrieden.


2

Ruhig schlägt mein Herz, gelassen.
Wer braucht ein langes Leben jetzt!
Unter dem Bogen an der Galernaja
Weilen unsre Schatten stets.

Durch die Lider, die geschlossen,
Seh ich, seh ich, dich und mich,
Und in deiner Hand auf immer
Mein Fächer ungeöffnet liegt.

Weil wir in glückselger Stunde
Zauberisch zusammenstanden,
Als über dem Sommergarten
Der Mond so rosig aufgegangen, –

Muss ich nun nicht länger warten
An dem Fenster, das verhasst,
Brauch kein Stelldichein voll Qualen.
Hab mein Lieben ganz verprasst.

Du bist frei, ich bin noch freier,
Besser in der Zukunft wird's, –
Über dunklen Newa-Wassern
Unter jenem kalten Lachen,
Das Zar Peter auf uns gießt.

1919


* * *

      Für Alexander Blok

Ich besuchte diesen Dichter
Gegen Mittag. Es war Sonntag.
Leise war's im großen Zimmer,
Vor den Fenstern stand der Frost.

Dort, die himbeerrote Sonne
Über blau-zerzaustem Nebel …
Wie der Hausherr, still und schweigsam
Mich durchschauend, auf mich schaut.

Seine Augen waren solche,
Dass kein Mensch sie je vergäße,
Deshalb war's aus Vorsicht besser
Gar nicht erst hineinzuschaun.

Doch ich denk an die Gespräche,
Mittagsnebel, an den Sonntag
In dem grauen, hohen Hause,
Wo ins Meer die Newa fließt.

Januar 1914


Читая «Гамлета»

1

У кладбища направо пылил пустырь,
А за ним голубела река.
Ты сказал мне: «Ну что ж, иди в монастырь
Или замуж за дурака…»
Принцы только такое всегда говорят,
Но я эту запомнила речь, –
Пусть струится она сто веков подряд
Горностаевой мантией с плеч.

1909                                                     1945
Киев


2

И как будто по ошибке
Я сказала: «Ты…»
Озарила тень улыбки
Милые черты.
От подобных оговорок
Всякий вспыхнет взор…
Я люблю тебя, как сорок
Ласковых сестер.

1909                                     1945
Киев


* * *

«Я смертельна для тех, кто нежен и юн.
Я птица печали. Я – Гамаюн.
Но тебя, сероглазый, не трону, иди.
Глаза я закрою, я крылья сложу на груди,
Чтоб, меня не заметив, ты верной дорогой пошел.
Я замру, я умру, чтобы ты свое счастье нашел…»
Так пел Гамаюн среди черных осенних ветвей,
Но путник свернул с осиянной дороги своей.

7 декабря 1910
Царское Село


Сероглазый король

Слава тебе, безысходная боль!
Умер вчера сероглазый король.

Вечер осенний был душен и ал,
Муж мой, вернувшись, спокойно сказал:

«Знаешь, с охоты его принесли,
Тело у старого дуба нашли.

Жаль королеву. Такой молодой!…
За ночь одну она стала седой».

Трубку свою на камине нашел
И на работу ночную ушел.

Дочку мою я сейчас разбужу,
В серые глазки ее погляжу.

А за окном шелестят тополя:
«Нет на земле твоего короля…»

11 декабря 1910
Царское Село


* * *

Сердце к сердцу не приковано,
Если хочешь – уходи.
Много счастья уготовано
Тем, кто волен на пути.

Я не плачу, я не жалуюсь,
Мне счастливой не бывать.
Не целуй меня, усталую, –
Смерть придет поцеловать.

Дни томлений острых прожиты
Вместе с белою зимой.
Отчего же, отчего же ты
Лучше, чем избранник мой?

Весна 1911


* * *

Я научилась просто, мудро жить,
Смотреть на небо и молиться Богу,
И долго перед вечером бродить,
Чтоб утомить ненужную тревогу.

Когда шуршат в овраге лопухи
И никнет гроздь рябины желто-красной,
Слагаю я веселые стихи
О жизни тленной, тленной и прекрасной.

Я возвращаюсь. Лижет мне ладонь
Пушистый кот, мурлыкает умильней,
И яркий загорается огонь
На башенке озерной лесопильни.

Лишь изредка прорезывает тишь
Крик аиста, слетевшего на крышу.
И если в дверь мою ты постучишь,
Мне кажется, я даже не услышу.

Май 1912
Флоренция (?)


* * *

Ты письмо мое, милый, не комкай,
До конца его, друг, прочти.
Надоело мне быть незнакомкой,
Быть чужой на твоем пути.

Не гляди так, не хмурься гневно.
Я любимая, я твоя.
Не пастушка, не королевна
И уже не монашенка я –

В этом сером, будничном платье,
На стоптанных каблуках …
Но, как прежде, жгуче объятье,
Тот же страх в огромных глазах.

Ты письмо мое, милый, не комкай,
Не плачь о заветной лжи,
И его в своей бедной котомке
На самое дно положи.

1912
Царское Село

* * *

Настоящую нежность не спутаешь
Ни с чем, и она тиха.
Ты напрасно бережно кутаешь
Мне плечи и грудь в меха.
И напрасно слова покорные
Говоришь о первой любви.
Как я знаю эти упорные,
Несытые взгляды твои!

Декабрь 1913
Царское Село


Стихи о Петербурге

1

Вновь Исакий в облаченьи
Из литого серебра.
Стынет в грозном нетерпеньи
Конь Великого Петра.

Ветер душный и суровый
С черных труб сметает гарь…
Ах! своей столицей новой
Недоволен государь.


2

Сердце бьется ровно, мерно.
Что мне долгие года!
Ведь под аркой на Галерной
Наши тени навсегда.

Сквозь опущенные веки
Вижу, вижу, ты со мной,
И в руке твоей навеки
Нераскрытый веер мой.

Оттого, что стали рядом
Мы в блаженный миг чудес,
В миг, когда над Летним садом
Месяц розовый воскрес, –

Мне не надо ожиданий
У постылого окна
И томительных свиданий.
Вся любовь утолена.

Ты свободен, я свободна,
Завтра лучше, чем вчера, –
Над Невою темноводной,
Под улыбкою холодной
Императора Петра.

1913


* * *

      Александру Блоку

Я пришла к поэту в гости.
Ровно полдень. Воскресенье.
Тихо в комнате просторной,
А за окнами мороз

И малиновое солнце
Над лохматым сизым дымом…
Как хозяин молчаливый
Ясно смотрит на меня!

У него глаза такие,
Что запомнить каждый должен;
Мне же лучше, осторожной,
В них и вовсе не глядеть.

Но запомнится беседа,
Дымный полдень, воскресенье
В доме сером и высоком
У морских ворот Невы.

(7.) января 1914


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Beim Lesen von »Hamlet«
Читая «Гамлета»
 
Ich bin tödlich für jene, die zärtlich und …
Я смертельна для тех, кто …
 
König Grauauge
Сероглазый король
 
Herz ist nicht an Herz gekettet
Сердце к сердцу не приковано
 
Ich hab gelernt, einfach und klug zu leben
Я научилась просто, мудро жить
 
Zerknülle nicht den Brief
Ты письмо мое, милый, не комкай
 
Echte Zärtlichkeit ist unverwechselbar
Настоящую нежность не спутаешь
 
Verse über Petersburg
Стихи о Петербурге
 
Ich besuchte diesen Dichter
Я пришла к поэту в гости

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