[Osip Mandelstam]

Osip Mandel'štam (1891 – 1938)

* * *

Wenn Alexander Gercovič,
Ein Jude, musiziert,
Glänzt Schubert wie ein Diamant,
So lupenrein poliert.

Die ewige Sonate nur,
Bis sie von Süße tropft,
Vom Morgen- bis zum Abendrot
Spielt er sie aus dem Kopf.

Was, Alexander Gercovič,
Die Straße wird schon dunkel …
Lass, Alexander Scherzovič,
Ganz gleich ist's, was man munkelt …

Soll nur die Italienerin
Durch Schneegeknirsch dich störn,
Auf schmalem Pfad, im Schlitten jagt
Sie Schubert hinterher.

Zu musikalischem Gegurr
Fällt uns das Sterben leicht,
Doch dort auf hohem Bügel hängt
Man bald im Rabenkleid.

Bald, Alexander Herzovič,
Hat es sich ausgeschunkelt …
Lass, Alexander Scherzevič,
Ganz gleich ist's, was man munkelt …

27. März 1931


* * *

O wie wir aufs Betrügen schwören
Und auf Vergesslichkeit beharrn:
Wir warn als Kind dem Tod viel näher
Als in unsern reifen Jahrn.

Noch Kränkung schlürft vom Untertässchen
Unausgeschlafnes Kindlein fein.
Mit keinem muss ich schmolln und letztlich
Bleib ich allewegs allein.

Es haart das Pelztier, spielt das Fischchen
Im ohnmachtstiefen Wassertrog
Und muss nicht harren der Finesschen,
Um die der Mensch sich gierig sorgt.

1932


* * *

Wir Lebenden spüren den Boden nicht mehr,
Wir reden, dass uns auf zehn Schritt keiner hört,

Doch wo wir noch Sprechen vernehmen, –
Betrifft's den Gebirgler im Kreml.

Seine Finger sind dick und wie Würmer so fett,
Und Zentnergewichte wiegt's Wort, das er fällt,

Sein Schnauzbart lacht Fühler von Schaben,
Der Stiefelschaft glänzt so erhaben.

Schmalnackige Führerbrut geht bei ihm um,
Mit dienstbaren Halbmenschen spielt er herum,

Die pfeifen, miaun oder jammern.
Er allein schlägt den Takt mit dem Hammer.

Befehle zertrampeln mit Hufeisenschlag:
In den Leib, in die Stirn, in die Augen, – ins Grab.

Wie Himbeeren schmeckt ihm das Töten –
Und breit schwillt die Brust des Osseten.

1933


Dieses Gedicht ist gegen Stalin und seine Schergen gerichtet
und war die Hauptursache für Mandelstams spätere Verhaftung
und Tod im Lager. Gebirgler und Ossete bezieht sich auf Stalin,
der aus dem gebirgigen Georgien stammte, wo es einen Volksstamm
der Osseten gibt, dem Stalin selbst aber nicht angehörte.
(E. B.)

* * *

Noch haben Tataren und Nenzen,
Das ganze ukrainische Volk
Und selbst die Wolgadeutschen
Nicht Übersetzer genug.

Kann sein, dass in dieser Minute
Ins Türkische mich überträgt
In Japan ein spanischer Jude
Und ganz meine Seele errät.

1933


* * *

Wie heißt diese Straße?
Mandelstamer Straße.
Was für ein teuflischer Name –
Wie man ihn auch dreht und wendet,
Krumm klingt er, nicht gerade.

Er war nur wenig linientreu,
Moralisch auch nicht liliengleich
Und deshalb muss die Straße,
Genauer – dieser Graben
Eben jenen Namen
Mandelstams nun tragen …

1935


* * *

Heute spüre ich den Winter
Als verspätetes Geschenk:
Ja, ich liebe von Beginn an
Seinen unsicheren Schwenk.

Als des Schreckens gute Beute
Er schon anfangs Angst erweckt, –
Vor dem Rund baumloser Weite
Selbst der Rabe sich erschreckt.

Fester noch, als die leicht brüchig
Hochgewölbte Bläulichkeit –
Ist der Halbkreis, wo das Flüsschen
Traumlos schläft im Schläfeneis …

1936


* * *

Vergleiche nicht: wer lebt, ist unvergleichlich.
Mit einer furchterfüllten Zärtlichkeit
War ich bereit zum Gleichmaß unter Gleichen,
Der Himmelszirkel bot für mich nur Leid.

Zur Ätherluft, die dienstbar ist, gewandt,
Erwartete ich runden Dienst und Kunde,
Traf Reisevorbereitung, schwamm den Bogen lang
Auf Reisen, die den Anfang nicht gefunden.

Wo mir mehr Himmel wird – bin ich zu gehn bereit –
In den noch jungen Hügeln von Voronež
Gibt mich die klare Schwermut nicht mehr frei
Für Menschheitswermut: klärend und toskanisch.

18. Januar 1937
Voronež


* * *

Ich sprech es nicht ins Reine, nur geflüstert;
Ich weiß genau, die Zeit ist noch nicht reif:
Wir können uns zum Spiel des Himmels rüsten,
Das sorglos ist, durch Arbeit, Fleiß und Schweiß.

Wo's fegefeuert, bis der Himmel schwindet,
Vergessen wir und bringen's oft nicht raus,
Dass sich das Himmelsglück beständig gründet
Auf ein verlängerbares, lebenslanges Haus.

9. März 1937
Voronež


* * *

Dass der Freund von Wind und Wetter
Ihren Sandsteinsinn erhasche,
Ritzten flaschenweise Reiher
Sie ins Morgenrot der Flaschen.

Hunde wurden hoch erhoben
Einst im Schandstaat der Ägypter,
Leichen goldig überzogen;
Gizehzipfel ragen kryptisch.

Anders ist mein Blutsverwandter:
Tröstlich sang er seine Sünden.
Ich hör Zähneknirschen granteln,
Sorglos klagt dein Rechtsempfinden …

Testamentarisch hat er sich entknäuelt,
Willig verstreut seine Saumseligkeiten
Und wie Geschrei zum Abschied verschleudert
Eine Welt voller Schädelbeinweiten.

Gotik war's, doch ungebogen
Spuckte er auf Spinnenrechte –
Rotzfrecher Zögling, diebischer Engel:
Franz Villon, der einzige, echte

Rüpel in den Himmelschören,
Wer bei ihm sitzt, darf sich rühmen:
Grabgesänge werden Lerchen,
Wenn die Zeiten brechen, führen …

18. März 1937
Voronež


* * *

O könnte ich doch nur –
Von niemandem gehört –
In eines Strahles Spur
Fliegen, unbeirrt.

Im Sternenrund erglüh
Und lern bei ihnen, was –
Kein andres Glück genügt –
Licht, das Helle, sagt.

Ich wollte dir so gern
Sagen: (flüstre hier)
Dir, Kindchen, einen Stern
Mein Flüstern offeriert.

Er ist nur deshalb Strahl,
Er ist nur deshalb Licht,
Damit erhitzt Gelall,
Geflüster machtvoll spricht.

23. März 1937
Voronež


* * *

Жил Александр Герцович,
Еврейский музыкант.
Он Шуберта наверчивал,
Как чистый бриллиант.

И всласть, с утра до вечера,
Заученную вхруст
Одну сонату вечную
Твердил он наизусть.

Что, Александр Герцович,
На улице темно …
Брось, Александр Скерцович,
Чего там, все равно …

Пускай там италяночка,
Покуда снег хрустит,
На узеньких на саночках
За Шубертом летит.

Нам с музыкой-голубою
Не страшно умереть,
А там – вороньей шубою
На вешалке висеть.

Все, Александр Сердцевич,
Заверчено давно …
Брось, Александр Скерцевич,
Чего там, все равно …

27 марта 1931


* * *

О, как мы любим лицемерить
И забываем без труда
То, что мы в детстве ближе к смерти,
Чем в наши зрелые года.

Еще обиду тянет с блюдца
Невыспавшееся дитя,
А мне уж не на кого дуться
И я один на всех путях.

Линяет зверь, играет рыба
В глубоком обмороке вод –
И не глядеть бы на изгибы
Людских страстей, людских забот.

1932



* * *

Мы живем, под собою не чуя страны,
Наши речи за десять шагов не слышны,

А где хватит на полразговорца,
Там припомнят кремлевского горца.

Его толстые пальцы как черви жирны,
И слова как пудовые гири верны,

Тараканьи смеются глазища
И сияют его голенища.

А вокруг него сброд тонкошеих вождей,
Он играет услугами полулюдей,

Кто свистит, кто мяучит, кто хнычет,
Он один лишь бабачит и тычет.

Как подкову дарит за указом указ –
Кому в пах, кому в лоб, кому в бровь, кому в глаз, –

Что ни казнь у него – то малина
И широкая грудь осетина.

1933


* * *

Татары, Узбеки и ненцы,
И весь украинский народ,
И даже приволжские немцы
К себе переводчиков ждут.

И, может быть, в эту минуту
Меня на турецкий язык
Японец такой переводит
И прямо в душу проник.

1933


* * *

Это какая улица?
Улица Мандельштама.
Что за фамилия чертова –
Как ее ни вывертывай,
Криво звучит, а не прямо.

Мало в нем было линейного,
Нрава он не был лилейного,
И потому эта улица
Или, верней, это яма
Так и зовется по имени
Этого Мандельштама …

1935


* * *

Как подарок запоздалый
Ощутима мной зима:
Я люблю ее сначала
Неуверенный размах.

Хороша она испугом,
Как начало грозных дел, –
Перед всем безлесным кругом
Даже ворон оробел.

Но сильней всего непрочно-
Выпуклых голубизна –
Полукруглый лед височный
Речек, бающих без сна…

1936

* * *

Не сравнивай: живущий несравним.
С каким-то ласковым испугом
Я соглашался с равенством равнин,
И неба круг мне был недугом.

Я обращался к воздуху-слуге,
Ждал от него услуги или вести,
И собирался плыть, и плавал по дуге
Неначинающихся путешествий.

Где больше небо мне – там я бродить готов,
И ясная тоска меня не отпускает
От молодых еще, воронежских холмов
К всечелевеческим, яснеющим в Тоскане.

18 января 1937
Воронеж


* * *

Я скажу это начерно – шёпотом,
Потому что еще не пора:
Достигается потом и опытом
Безотчетного неба игра.

И под временным небом чистилища
Забываем мы часто о том,
Что счастливое небохранилище –
Раздвижной и пожизненный дом.

9 марта 1937
Воронеж


* * *

Чтоб приятель и ветра и капель,
Сохранил их песчаник внутри,
Нацарапали множество цапель
И бутылок в бутылках зари.

Украшался отборной собачиной
Египтян государственный стыд,
Мертвецов наделял всякой всячиной
И торчит пустячком пирамид.

То и дело любимец мой кровный,
Утешительно-грешный певец, –
Еще слышен твой скрежет зубовный,
Беззаботного права истец …

Размотавший на два завещанья
Слабовольных имуществ клубок
И в прощанье отдав, в верещанье
Мир, который как череп, глубок;

Рядом с готикой жил, озоруючи,
И плевал на паучьи права
Наглый школьник и ангел ворущий,
Несравненный Виллон Франсуа.

Он разбойник небесного клира,
Рядом с ним не зазорно сидеть:
И пред самой кончиною мира
Будут жаворонки звенеть.

18 марта 1937
Воронеж


* * *

О, как же я хочу,
Нечуемый никем,
Лететь вослед лучу,
Где нет меня совсем.

А ты в кругу лучись, –
Другого счастья нет –
И у звезды учись
Тому, что значит свет.

И я тебе хочу
Сказать, что я шепчу,
Что шепотом лучу
Тебя, дитя, вручу …

Он только тем и луч,
Он только тем и свет,
Что шепотом могуч
И лепетом согрет.

23 марта 1937
Воронеж


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Жил Александр Герцович
 
O wie wir aufs Betrügen schwören
О, как мы любим лицемерить
 
Wir Lebenden spüren …
Мы живем, под собою …
 
Noch haben Tataren und Nenzen
Татары, Узбеки и ненцы
 
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Это какая улица?
 
Heute spüre ich den Winter
Как подарок запоздалый
 
Vergleiche nicht: wer lebt …
Не сравнивай: живущий …
 
Ich sprech es nicht ins Reine …
Я скажу это начерно – шёпотом
 
Dass der Freund von Wind und Wetter
Чтоб приятель и ветра и капель
 
O könnte ich doch nur
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