Boris Leonidovič Pasternak

geboren am 10. Februar 1890 in Moskau
gestorben am 30. Mai 1960 in Peredelkino bei Moskau


[Ju. Annenkow: Boris Pasternak] Bedeutender russischer (Sowjet-)Lyriker, der wegen seiner eigenständigen dichterischen Sprache und des differenzierten Revolutions-Romans »Dr. Živago« in Ungnade fiel. Sein Nobelpreis (1958) führte zu einer der üblichen Hetzkampagnen gegen vermeintliche Regimegegner.
Als Sohn eines bekannten impressionistischen Malers hatte Pasternak früh Kontakte zu den Spitzenkünstlern seiner Zeit. Eine frühe Pianistenkarriere (seine Mutter war die damals bekannte Pianistin Rosalie Kaufmann), wie auch ein Studium der Philosophie (u. a. in Marburg), konnten den Durchbruch seines lyrischen Talents aber nicht verhindern. Seine anfängliche Lyrik gehört in den Bereich des Kubofuturismus, in dem schnelle Perspektivwechsel und desorientierte Wahrnehmung meist simple Ereignisse des Alltags zerspalten und neu zusammenfügen. Ab Mitte der dreißiger Jahre näherte sich Pasternak aber einem einfacheren Stil an, der vor allem von seinen vielen Übersetzungen (Shakespeare, Schiller, Goethe etc.) profitierte.
Sein Roman »Dr. Živago« zeigt die junge Lara, als Verkörperung des einfachen russischen Volks, im Spannungsverhältnis zu einem kapitalistischem Kaufmann, einem Revolutionär und einem liberalen Arzt. Die differenzierte Darstellung auch der Grausamkeiten der Revolutionszeit erhebt manches allzu Gefühlsselige dieses Arztromans und bleibenden Bestsellers.
Pasternak wurde erst Mitte der Achtziger Jahre rehabilitiert.

Eric Boerner


* * *

Der Februar. Die Tintenschwärze ordern!
Beschreibend sei vom Februar geweint,
Solange noch der Schneematsch donnernd
Im schwarzen Frühlingsdunkel scheint.

Die Droschke ordern: sechs mal zehn Kopeken.
Durch Glockenläuten, Räderwerkgebraus
Schnell dorthin eilen, wo im lauten Regen
Das Tintenschwarz, die Tränenflut verrauscht.

An Orte, wo, gleich angekohlten Birnen,
Von hohen Bäumen tausende von Krähn
Hinunter in die Pfützen flügelnd schwirren,
Den Kummer aus dem Augengrund zu zerrn.

Und aus dem Weißen taut der schwarze Boden,
Ein Schreien pflügt den kalten Wind und gellt,
Der Zufall hat zur Wahrheit sich erhoben,
Denn weinend hat der Vers sich eingestellt.

1912


Dem Dämon zum Gedenken

Kam in Nächten gesaust
Von Tamara im Gletschereis, bläulich;
Wie ein Fiebertraum endet und braust,
Hat sein Flügelpaar flatternd bedeuted.

Die Nackten, Gepeitschten, voll Schrammen
Beweinte er nicht und gab ihnen keine Verbände.
Er machte die Grabplatte ganz
Dort am Zaun beim georgischen Tempel.

Wie ein Buckliger schlecht
Hielt der Schatten im Kerker sich grade.
Und beim Ewigen Licht
Von der Fürstin die Flöte nichts sagte.

Doch das Leuchten brach los
In den Haaren wie Phosphorgeflimmer,
Nicht vernahm der Koloss
Wie ergrauend der Kaukasus wimmert.

Aus dem Fenster gelehnt,
Strich den Kammgarn des Burnus er müde,
Schwor dem Eis auf den Höhn:
Schlaf, Freundin, und donner dann wieder hernieder.

Sommer 1917


Von diesen Versen

Auf Bürgersteigen leg ich aus
Mit Sonne – halb – mit Fensterglas,
Schlag winters Zimmerdecken auf,
Die Ecken feucht ich lesen lass.

Verbeugt das Dachgebälk beginnt
Den Rahmen Winter vorzutragen,
Zu Simsen spült das Her und Hin
Der Not, des Sonderbarn, der Klagen.

Der Schneesturm fegt nicht monatlang
Die Enden, Anbeginne fegt er.
Weiß plötzlich wieder: Sonne prangt;
Und seh: das Licht ist nicht wie eh.

Die Weihnacht schaut wie junge Krähn,
Und's Täglein, nur um aufzuklärn,
Entdeckt uns vieles noch von dem,
Was ich und's Liebchen nicht verstehn.

Durch's Halstuch, von der Hand verdeckt,
Schrei ich zu Kindern durch den Schlitz:
Welches Jahrtausend, gut versteckt,
Auf eurem Hof zu finden ist?

Wer hat zur Tür den Pfad gebahnt,
Zum Loch, von Grütze zugestaubt,
Als ich mit Edgar Allan trank,
Als ich mit Byron Zeug geraucht?

Als im Darjal, freundschaftlich, oft,
In Hölle, Zeughaus, Marstall auch,
Ich's Sein, wie's Grauen Lermontovs,
Wie Lippen in den Wein, getaucht.

Sommer 1917


Schwermut

Als Buchtitelschmuck für den Rücken
Krächzten die Wüsten,
Brüllten die Löwen, zu Tigerblicken
Zog es Kipling.

Es gähnte vertrocknet der scheußliche Bronnen
Weit offener Schwermut,
Man schaukelte, schaute versonnen
Aus Frostfellen zärtlich.

Das Schaukeln wird weiter betrieben
Im Vers nicht von Range,
Man fiebert in Taunebelwiesen
Und träumt jetzt vom Ganges.

Der Morgen mit Giftschlangenkälte
Kriecht in den Graben,
Den Dschungel nässt Aussegnungsschelte
Und Weihrauch in Schwaden.

Sommer 1917


* * *

Mein Geschwister: das Leben, auch heut überflutend,
Stieß, frühlingshaft regnend, fast überall an,
Berlockige Menschen bedauern's, im Guten
Höchst mürrisch gelaunt, wie im Hafer die Schlangen.

Die Älteren haben doch stets ihre Gründe.
Unstrittig: dass dein Grund lächerlich ist,
Gewittrig die Augen graslila zu finden,
Wenn feucht nach Reseden der Horizont riecht.

Dass du im Mai, am Zugfahrplan tüftelnd,
Den Weg nach Kamyschin suchst hier im Abteil,
Dies wichtiger findest als heilige Schriften,
Als staubige Schwärze und Polstergekeil.

Als grade die Bremse, losbellend, anfällt
Die friedlichen Dörfler, mit Krähwinkelwein
Auf Polstern glotzend: ist gar nicht mein Bahnsteig,
Die Untergangssonne belächelt mich fein.

Zum dritten Mal plätschert das Glöckchen verloren
Die tiefe Entschuldigung: Leider, nicht hier.
Die Nacht zieht sich ausgebrannt hin unter Storen,
Die Steppe zerbirst bis hinauf zum Gestirn.

Sich irgendwo wiegend, süß blinzelnd sie schlafen,
Auch's Liebchen als Fata Morgana schläft lind
Zur Stunde, wenn's Herz, von den Plattformen pladdernd,
Aus Waggontüren strömend in der Steppe zerrinnt.

Sommer 1917


Das Mädchen

          Eine goldne Wolke ruhte nächtlich
          An der Brust des riesengroßen Felsens

Vom Garten, vom Schaukeln und ohne zu klopfen
        Läuft in den Spiegel die Linde hinein!
Die nahe, die riesige, mit Smaragdtropfen
        An den Enden des Zweigleins so fein.

Der Garten, verschleiert durch ihre Vertracktheit,
        Ist Chaos, das unübersehbar und wild.
Verwandt, riesig, gärtlich, und doch von Charakter –
        Ein Schwesterchen! Zweites Spiegelbild!

Doch grad dieses Zweiglein bringt man im Väschen
        Und hat es dem Spiegelrahmen verpasst.
Nun rätselt sie, wer ihre Äuglein benetzte
        In diesem schläfrigen Menschenknast!

Sommer 1917


Aus Aberglauben

Ein Schächtelchen mit roter Pomeranze
          Ist diese Mausefalle.
In diesem Loch nicht zu viel Staub zu fangen:
          Vom Sarg zur Leichenhalle!

Ich macht' es zweifach mir geräumig
          Aus Aberglauben hier.
Die Farbe der Tapeten: eichenbräunlich,
          Und der Gesang der Tür.

Den Schnapper gar nicht erst zum Schnäppern bringend,
          Du schnell enteiltest,
Dein Pferdeschwanz bis hin zum Pony springend,
          Die Lippen: Veilchen.

O Zarte, auch im Namen der Verflossnen
          Hat dein Gewand geflüstert,
Was zum April das Schneeglöckchen gesprochen:
          Ein schnelles »Grüß dich!«

Doch nein, bist nicht vestalengleich empfindlich.
          Du kamst samt Stuhl herein.
Hast wie vom Schrank mein Leben dir gegriffen
          Und es vom Staub gereinigt.

Sommer 1917


Vorsicht!

Ja, »Vorsicht! Frisch gestrichen« prangte,
        Doch 's hütet sich die Seele nicht,
Geprägt ins Hirn warn Waden, Wangen,
        Und Hände, Lippen, Augen mit.

Weit mehr als alles Glück und Pech
        Liebt ich dich dafür heiß,
Dass mit dir die vergilbte Welt
        Ist weißer noch als weiß.

Und, Freundin, auch mein Trübsinn hier,
        Ich schwör's, wird irgendwie
Weißer als Traum und Lampenschirm,
        Weißer als Binden um die Stirn!

Sommer 1917


* * *

Февраль. Достать чернил и плакать!
Писать о феврале навзрыд.
Пока грохочущая слякоть
Весною черною горит.

Достать пролетку. За шесть гривен,
Чрез благовест, чрез клик колес
Перенестись туда, где ливень
Еще шумней чернил и слез.

Где, как обугленные груши,
С деревьев тысячи грачей
Сорвутся в лужи и обрушат
Сухую грусть на дно очей.

Под ней проталины чернеют,
И ветер криками изрыт,
И чем случайней, тем вернее
Слагаются стихи навзрыд.

1912


Памяти Демона

Приходил по ночам
В синеве ледника от Тамары,
Парой крыл намечал,
Где гудеть, где кончаться кошмару.

Не рыдал, не сплетал
Оголенных, исхлестанных, в шрамах.
Уцелела плита
За оградой грузинского храма.

Как горбунья дурна,
Под решеткою тень не кривлялась.
У лампады зурна,
Чуть дыша, о княжне не справлялась.

Но сверканье рвалось
В волосах и, как фосфор, трещали.
И не слышал колосс,
Как седеет Кавказ за печалью.

От окна на аршин,
Пробирая шерстинки бурнуса,
Клялся льдами вершин:
Спи, подруга, лавиной вернуся.

Лето 1917 года


Про эти стихи

На тротуарах истолку
С стеклом и солнцем пополам,
Зимой открою потолку
И дам читать сырым углам.

Задекламирует чердак
С поклоном рамам и зиме,
К карнизам прянет чехарда
Чудачеств, бедствий и замет.

Буран не месяц будет месть,
Концы, начала заметет.
Внезапно вспомню: солнце есть;
Увижу: свет давно не тот.

Галчонком глянет Рождество,
И разгулявшийся денек
Откроет много из того,
Что мне и милой невдомек.

В кашне, ладонью заслонясь,
Сквозь фортку крикну детворе:
Какое, милые, у нас
Тысячелетье на дворе?

Кто тропку к двери проторил,
К дыре, засыпанной крупой,
Пока я с Байроном курил,
Пока я пил с Эдгаром По?

Пока в Дарьял, как к другу, вхож,
Как в ад, в цейхгауз и в арсенал,
Я жизнь, как Лермонтова дрожь,
Как губы в вермут, окунал.


Тоска

Для этой книги на эпиграф
Пустыни сипли,
Ревели львы, и к зорям тигров
Тянулся Киплинг.

Зиял, иссякнув, страшный кладезь
Тоски отверстой,
Качались, ляская и гладясь
Иззябшей шерстью.

Теперь качаться продолжая
В стихах вне ранга,
Бредут в туман росой лужаек
И снятся Гангу.

Рассвет холодною ехидной
Вползает в ямы,
И в джунглях сырость панихиды
И фимиама.


* * *

Сестра моя – жизнь и сегодня в разливе
Расшиблась весенним дождем обо всех,
Но люди в брелоках высоко брюзгливы
И вежливо жалят, как змеи в овсе.

У старших на это свои есть резоны.
Бесспорно, бесспорно смешон твой резон,
Что в грозу лиловы глаза и газоны
И пахнет сырой резедой горизонт.

Что в мае, когда поездов расписанье,
Камышинской веткой читаешь в купе,
Оно грандиозней святого писанья
И черных от пыли и бурь канапе.

Что только нарвется, разлаявшись, тормоз
На мирных сельчан в захолустном вине,
С матрацев глядят, не моя ли платформа,
И солнце, садясь, соболезнует мне.

И в третий плеснув, уплывает звоночек
Сплошным извиненьем: жалею, не здесь.
Под шторку несет обгорающей ночью
И рушится степь со ступенек к звезде.

Мигая, моргая, но спят где-то сладко,
И фата-морганой любимая спит
Тем часом, как сердце, плеща по площадкам,
Вагонными дверцами сыплет в степи.


Девочка

          Ночевала тучка золотая
          На груди утеса великана.

Из сада, с качелей, с бухты-барахты
        Вбегает ветка в трюмо!
Огромная, близкая, с каплей смарагда
        На кончике кисти прямой.

Сад застлан, пропал за ее беспорядком,
        За бьющей в лицо кутерьмой.
Родная, громадная, с сад, а характером –
        Сестра! Второе трюмо!

Но вот эту ветку вносят в рюмке
        И ставят к раме трюмо.
Кто это, – гадает, – глаза мне рюмит
        Тюремной людской дремой?


Из суеверья

Коробка с красным померанцем –
          Моя каморка.
О, не об номера ж мараться
          По гроб, до морга!

Я поселился здесь вторично
          Из суеверья.
Обоев цвет, как дуб коричнев,
          И – пенье двери.

Из рук не выпускал защелки,
          Ты вырывалась,
И чуб касался чудной челки
          И губы – фиалок.

О неженка, во имя прежних
          И в этот раз твой
Наряд щебечет, как подснежник
          Апрелю: «Здравствуй!»

Грех думать – ты не из весталок:
          Вошла со стулом,
Как с полки, жизнь мою достала
          И пыль обдула.


Не трогать

«Не трогать, свежевыкрашен», –
        Душа не береглась,
И память – в пятнах икр и щек,
        И рук, и губ, и глаз.

Я больше всех удач и бед
        За то тебя любил,
Что пожелтелый белый свет
        С тобой – белей белил.

И мгла моя, мой друг, божусь,
        Он станет как-нибудь
Белей, чем бред, чем абажур,
        Чем белый бинт на лбу!


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