[Walther von der Vogelweide]

Walther von der Vogelweide
(1170 – 1230)

* * *

Wollt ihr schauen, was der Mai
an Wundern hat beschert?
Seht an Pfaffen, seht an Laien
wie überall es gärt.
Groß ist seine Macht.
Ich weiß nicht, ob er zaubern kann:
wenn er in seiner Wonne prangt,
dann ist keiner alt und schwach.

Wohl dir, Mai, wie du bescheidest
ohne Hass den Streit!
Wie du Wald und Au bekleidest;
und noch mehr die Heide
voller Farben steht.
Du bist kürzer, ich bin länger
streiten auf den Wiesen, Hängen
Blumen mit dem Klee.

Alles soll uns gut gelingen,
seien wir bereit.
Lasst uns tanzen, lachen, springen
ohne Bauerntölpelei.
Wer sich da nicht freut!
Wenn die Vöglein allzu schöne
singen ihre besten Töne,
tun wir's ihnen gleich!


* * *

Roter Mund, bringst dich in Schande,
lass dein Lachen sein.
Schäm dich, wie du mich behandelst,
Schaden muss mich reun.
Ist das wohl getan?
Weh um die verlorne Stunde,
wenn von solch lieblichem Munde
lieblos wird die Zeit vertan!

Was mich, Frau, zur Lust verführte,
das ist euer Leib.
Er ist es, der mich verwirrte,
da ihr nicht gnädig seid.
Was raubt ihr mir den Mut?
Habt Mitleid mit mir Armen,
wollt ihr euch nicht erbarmen,
dann seid ihr gar nicht gut.

Frau, befreit mich von den Sorgen,
nutzt die liebe Zeit:
ich müsst sonst die Freuden borgen,
damit ihr selig seid!
Macht die Augen auf zu sehn!
Es erfreun sich Große, Kleine,
könnte mir von euch nicht eine
kleine Freude leicht geschehn?


* * *

Ihr sollt sprechen: Sei willkommen!
der euch Nachricht bringt, bin ich.
Alles das, was ihr vernommen,
war ein Windhauch: nun fragt mich.
Doch ihr müsst mir zahlen Miete:
wenn mir der Lohn gereicht,
werd ich vielleicht umschmeicheln euch.
Seht, welch Ehren man mir bietet!

Deutschen Frauen will ich sagen
solche Sachen: dass sie fast
aller Welt sind ein Behagen.
Auch ohne große Miete tu ich das.
Was wünsche ich, das ihr mir löhnt?
Sie sind so hehr:
so bin ich fügsam und ich bitte um nichts mehr,
als dass sie mich nur grüßen schön.

Länder hab ich viel gesehen
und nahm die besten gerne wahr:
Schlimmes müsste mir geschehen,
könnt ich mein Herz so drehen gar,
dass ihm gut gefallen
würden fremde Sitten;
nun, was hülfe's mir, wenn ich zu unrecht stritte?
Deutsches Wesen steht doch über allem.

Von der Elbe an den Rhein
und zurück gen Ungarland,
da mögen wohl die Besten sein,
die in der Welt ich hab gekannt.
Kann ich richtig schauen
auf's Benehmen, auf den Leib,
so hilf mir Gott! so schwört ich wohl, dass hier die Weib'
besser sind als andre Frauen.

Der deutsche Mann ist gut gebaut,
Gleich Engeln sind die Frauen schön.
Wer sie beschimpft, der Lüge traut:
ich könnt ihn anders nicht verstehn.
Tugend und die reine Minne,
wer die finden will,
der komme nur in unser Land, dort sind Freuden viel:
Mög ich nur leben lang darinnen!


* * *

Man sagte mir vom Tegernsee,
dass gastlich dort ein Kloster steht:
so wich ich mehr als eine Meile von der Straße.
Ich bin ein wunderlicher Mann:
mich selbst ich nicht begreifen kann,
warum ich mich so oft auf fremde Leut verlasse.
Ich meckre nicht, Gott gnädig sei uns beiden!
Bekam nur Wasser,
also nasser
musst ich vom Tisch des Mönches scheiden.


* * *

Gelb, rot und blau die Welt einst war,
im Wald bot sie sich grüner dar,
die kleinen Vöglein sangen da.
Nun schreit der Nebelkrähen Schar.
Trägt sie jetzt andre Farben? Ja:
sie wurde bleich und gräulich gar,
manch einer rümpft die Stirn sogar.

Ich saß auf grüner Wiese eh,
da wuchsen Blumen und der Klee
zwischen mir und einem See;
die Augenweide gibt's nicht mehr.
Wo ich die Blumen brach, o weh,
da liegt nun Reif und auch der Schnee,
das tut den Vöglein ach so weh.

Die Toren sprechen: »'s schneit, es schneit!«,
die armen Leut: »O weh, o wei!«,
und ich bin schwermütig wie Blei,
denn Wintersorgen hab ich drei:
wie diese, jener, es gedeiht;
von solchen Sorgen wär ich frei,
wär nur der Sommer näher bei.

Müsst ich noch länger leben so,
wollt' ich die Krebse essen roh:
Sommer, mach uns alle froh.
Du schmückst den Anger und den Hof,
mit Blumen spielt' ich noch und noch,
mein Herz, es schwebte sonnenhoch,
drum jag den Winter doch hinfort.

Ich bin verlegen immerzu:
mein dünnes Haar fiel aus im Nu.
Ach, lieber Sommer, wo bist du?
Gern säh ich Feldarbeiten zu,
müsst ich noch lang durch solches durch,
schnürt ich beklommen meine Schuh
und ging als Mönch nach Toberlu.

_________________
Toberlu: Heute Doberlug-Kirchhain, eine Stadt
in der Niederlausitz, die im Mittelalter
für ihr Zisterzienserkloster bekannt war.
Der Name ist ein verballhorntes sorbisches
»dobry lug«, was eine gute Wiese bezeichnet.
(E. B.)

* * *

Gelobt sei die Stunde, als ich die erkannte,
die mir den Leib und den Geist hat bezwungen,
seit ich die Sinne so ganz auf sie wandte,
hat sie mich mit ihrer Güte durchdrungen.
Dass ich von ihr mich nicht scheiden kann,
das hat ihre Schönheit und Güte gemacht,
und ihr roter Mund, der so lieblich lacht.

Ich hab jetzt den Geist und die Sinne gewendet
auf alle Reinen, die Guten und Lieben.
Es wird wohl uns beide zum Besten vollenden,
was ich getan, ihrer Huld zu genügen.
Was ich an Freuden der Welt abgewann,
das hat ihre Schönheit und Güte gemacht,
und ihr roter Mund, der so lieblich lacht.


* * *

Dürft ich noch erleben, dass ich Rosen
mit dem liebsten Wesen dürfte schneiden,
so wollte ich sie so dabei liebkosen,
dass wir immer Freunde müssten bleiben.
Bekäm ich einen Kuss zu solcher Stunde
von ihrem roten Mund:
es würd mein Schmerz schon durch die Freude heilen.

Was sollen liebe Worte? Was soll singen?
Was des Weibes Schönheit? Was das Gut?
Seit man niemand sieht nach Freuden ringen,
seit man Böses völlig furchtlos tut,
seit man Treue, Milde, Zucht und Ehre
nicht mehr schätzt so sehr,
fehlt zur Freude manchem jetzt der Mut.


  * * *

O weh! wohin verschwanden
Träumte ich mein Leben,
Wähnt ich, dass es wäre,
Eingeschlafen bin ich,
Nun, da ich erwachte,
was mir einst vertraut war
Land und Leute, die mich
sind mir fremd geworden,
Die meine Freunde waren,
ausgelaugt die Felder,
Nur das Wasser fließt noch,
es war mein schlimmstes Unglück,
Mancher grüßt mich träge,
unwirtlich und böse
Will ich mich erinnern
ist er mir entfallen
          Immer mehr O weh!

alle meine Jahre?
oder ist es wahr?
war es echt und richtig?
weiß es deshalb nicht!
ist mir unbekannt,
wie meine eigne Hand.
schon als Kind erzogen,
als hätten sie gelogen.
sind träge nun und alt,
verhauen ist der Wald.
wie es einmal floss,
dass ich wurde groß.
den ich gut gekannt,
scheint das ganze Land.
an manchen schönen Tag,
wie ins Meer ein Schlag.

O weh! wie jämmerlich
die früher höflich alle
Sie kennen nur noch Sorgen,
Wohin ich mich auch wende,
Die Lust am Singen, Tanzen
nie sah ein Christenmensch
Nun seht nur, wie den Frauen
und wie die stolzen Ritter
Von Rom sind böse Briefe
die's Trauern uns erlauben,
Es trifft mich tief im Innern,
dass ich, anstatt zu lachen,
Die Vögel in der Wildnis
wen wundert's, dass ich dadurch
Weh, was sprech ich Dummkopf
wer diesseits Wonnen folgt,
          Immer mehr O weh!

die jungen Leute sind,
im Gemüt gesinnt.
o weh! was stimmt sie so?
nicht einer ist mehr froh.
verging durch Sorgen gar,
solch jämmerliche Schar.
ihre Bänder stehn
sind bäurisch anzusehn.
her zu uns gekommen,
doch's Freuen uns genommen.
(wir lebten einst so froh!)
nur noch weinen soll.
bedauern unser Klagen,
nur noch mehr verzage?
in meinem bösen Zorn,
hat jene dort verlorn.

O weh! man wird für süße
Ich seh die bittre Galle
Die Welt ist außen schön,
von schwarzer Farbe innen,
Wen sie verleitet hatte,
er wird mit leichter Buße
Denkt stets daran, ihr Ritter,
ihr tragt die lichten Helme
dazu die festen Schilde
wollte Gott, ich wäre
So wollt ich armer Bettler
doch denk ich nicht an Lehen,
Ich möcht des Glückes Krone
die man sich kann als Söldner
Könnt ich die liebe Reise
so wollt ich schöner singen
          Niemals mehr O weh!

Dinge jetzt geziehen!
durch den Honig ziehen:
weiß und grün und rot,
finster wie der Tod.
der suche seinen Trost:
schwere Sünden los.
es ist euer Ding:
und manchen Panzerring,
und das geweihte Schwert,
solcher Siege wert!
verdienen reichen Sold;
noch an der Herren Gold.
durch Ewigkeiten tragen,
mit dem Speer erjagen.
machen durch die See,
und nicht mehr O weh,

  

* * *

Der Meister unsres Sangs ging auf die Fahrt,
den man den von der Vogelweide nannte,
die auch uns allen wohl bleibt nicht erspart.
Was soll nun, was er einst der Welt bekannte?

Sein hoher Sinn war ganz am Schluss erkrankt.
Nun hoffen wir, für seinen höflichen Gesang,
der seine Freude war auf seinem Wege,
dass ihn der liebe Vater voller Gnade pflege.

                            (Truchsess von St. Gallen?)

Grabinschrift

Vom Herrn Walther von der Vogelweide steht als seine Grabinschrift
im Kreuzgang des Neumünsterstifts zu Würzburg gemeisselt:


Walther, der du die Weide der Vögel im Leben gewesen,
Du Blume der Redekunst, Mund der Pallas, musst hier verwesen;
Damit deine Redlichkeit findet den himmlischen Segen,
Soll sprechen, wer dies liest: »Gott sei seiner Seele gnädig!«


* * *

Muget ir schouwen waz dem meien
wunders ist beschert?
seht an pfaffen, seht an leien
wie daz allez vert,
grôz ist sîn gewalt:
ine weiz obe er zouber künne:
swar er vert in sîner wünne,
dan ist niemen alt.

Wol dir, meie, wie dû scheidest
allez âne haz!
wie dû walt und ouwe kleidest,
und die heide baz!
diu hât varwe me.
du bist kurzer, ich bin langer',
alsô strîtents ûf dem anger,
bluomen unde klê.

Uns wil schiere wol gelingen.
wir suln sîn gemeit,
tanzen lachen unde singen,
âne dôrperheit.
wê wer wære unfrô?
sît die vogele alsô schône
singent in ir besten dône,
tuon wir ouch alsô!


* * *

Roter munt, wie dû dich swachest!
lâ dîn lachen sîn.
scham dich daz dû mich an lachest
nâch dem schaden mîn.
ist daz wol getân?
owê sô verlorner stunde,
sol von minneclîchem munde
solch unminne ergân!

Daz mich, frowe, an fröiden irret,
daz ist iuwer lîp.
an iu einer ez mir wirret,
ungenædic wîp.
wâ nemt ir den muot?
ir sît doch genâden rîche:
tuot ir mir ungnædeclîche,
sô sît ir niht guot.

Scheidet, frowe, mich von sorgen,
liebet mir die zît:
oder ich muoz an fröiden borgen.
daz ir sælic sît!
muget ir umbe sehen?
sich fröit al diu welt gemeine:
möhte mir von iu ein kleine
fröidelîn geschehen!


* * *

Ir sult sprechen willekomen:
der iu maere bringet, daz bin ich.
allez daz ir habt vernomen,
daz ist gar ein wint: nu frâget mich.
ich wil aber miete:
wirt mîn Iôn iht guot,
ich gesage iu lîhte daz iu sanfte tuot.
seht waz man mir êren biete.

Ich wil tiuschen frowen sagen
solhiu msere daz si deste baz
al der werlte suln behagen:
âne grôze miete tuon ich daz.
waz wold ich ze lône?
si sint mir ze hêr:
sô bin ich gefûege, und bite si nihtes mêr
wan daz si mich grüezen schône.

Ich hân lande vil gesehen
unde nam der besten gerne war:
übel müeze mir geschehen,
kunde ich ie mîn herze bringen dar
daz im wol gevallen
wolde fremeder site.
nû waz hulfe mich, ob ich unrehte strite?
tiuschiu zuht gât vor in allen.

Von der Elbe unz an den Rîn
und her vider unz an Ungerlant
mugen wol die besten sîn,
die ich in der werlte hân erkant.
kan ich rehte schouwen
guot gelâz unt lîp.
sem mir got, sô swiïere ich wol daz hie diu wîp
bezzer sint danne ander frouwen.

Tïusche man sint wol gezogen,
rehte als engel sint diu wîp getân.
swer si schildet, derst betrogen:
ich enkan sîn anders niht verstân.
tugent und reine minne,
swer die suochen wil,
der sol komen in unser lant: da ist wünne vil:
lange müeze ich lebe dar inne!


* * *

Man seit mir ie von Tegersê,
wie wol daz hûs mit êren stê:
dar kêrte ich mêr dan eine mîle von der strâze.
ich bin ein wunderlîcher man,
daz ich mich selben niht enkan
verstân und mich sô vil an frömde liute lâze.
ich schiltes niht, wan got genâde uns beiden.
ich nam dâ wazzer:
alsô nazzer
muost ich von des münches tische scheiden.


* * *

Diu welt was gelf, rôt unde blâ,
grüen in dem walde und anderswâ:
kleine vogele sungen dâ.
nû schrîet aber diu nebelkrâ.
pfligt si iht ander varwe? jâ:
sist worden bleich und iibergrâ.
des rimpfet sich vil manic brâ.

Ich saz ûf eime grüenen lê:
da ensprungen bluomen unde klê
zwischen mir und eime sê.
der ougenweide ist dâ niht mê.
dâ wir schapel brâchen ê.
dâ lît nu rîfe und ouch der snê.
daz tuot den vogellînen wê.

Die tôren sprechent snîâ snî,
die armen liute owê owî.
ich bin swaere alsam ein blî.
der wintersorge hân ich drî:
swaz der unt der andern sî,
der wurde ich alse schiere frî,
wær uns der sumer nâhe bî.

E danne ich lange lebt alsô,
den krebz wolt ich ê ezzen rô.
sumer, mache uns aber frô:
dû zierest anger unde lô.
mit den bluomen spilt ich dô,
mîn herze swebt in sunnen hô:
daz jaget der winter in ein strô.

Ich bin verlegen als ein sû:
min sleht hâr ist mir worden rû.
süezer sumer, wâ bist dû?
jâ sæhe ich gerner veltgebû.
ê deich lange in selher drû.
beklemmet wære als ich bin nû,
ich wurde ê münch ze Toberlû.


* * *

Wol mich der stunde, daz ich sie erkande,
diu mir den lîp und den muot hât betwungen,
sît deich die sinne sô gar an sie wande,
der si mich hât mit ir güete verdrungen.
daz ich gescheiden von ir niht enkan,
daz hât ir schœne und ir güete gemachet,
und ir roter munt, der sô lieplîchen lachet.

Ich hân den muot und die sinne gewendet
an die reinen, die lieben, die guoten.
daz müez uns beiden wol werden volendet,
swes ich getar an ir hulde gemuoten.
swaz ich noch fröiden zer werlde ie gewan,
daz hât ir schœne und ir güete gemachet,
und ir roter munt, der sô lieplîchen lachet.


* * *

Müeste ich noch geleben daz ich die rôsen
mit der minneclîchen solde lesen,
sô wold ich mich sô mit ir erkôsen,
daz wir iemer friunde müesten wesen.
wurde mir ein kus noch zeiner stunde
von ir rôten munde,
sô wær ich an fröiden wol genesen.

Waz sol lieblich sprechen? waz sol singen?
waz sol wîbes schœne? waz sol guot?
sît man nieman siht nâch fröiden ringen,
sît man übel âne vorhte tuot,
sît man triuwe milte zuht und êre
wil verpflegen sô sêre,
sô verzagt an fröiden maneges muot.


  * * *

Owê war sint verswunden
ist mir mîn leben getroumet,
daz ich ie wânde ez wære,
dar nâch hân ich geslâfen
nu bin ich erwachet,
daz mir hie vor was kündic
liut unde lant, dar inn ich
die sint mir worden frömde
die mîne gespilen wâren,
bereitet ist daz velt,
wan daz daz wazzer fliuzet
fur wâr mîn ungelücke
mich grüezet maneger trâge,
diu welt ist allenthalben
als ich gedenke an manegen
die mir sint enpfallen
          iemer mêre ouwê.

alliu mîniu jâr!
oder ist ez wâr?
was daz allez iht?
und enweiz es niht.
und ist mir unbekant
als mîn ander hant.
von kinde bin erzogen,
reht als ez sî gelogen.
die sint træge unt alt.
verhouwen ist der walt :
als ez wîlent flôz,
wânde ich wurde grôz.
der mich bekande ê wol.
ungenâden vol.
wünneclîchen tac,
als in daz mer ein slac,

Owê wie jæmerlîche
den ê vil hovelîchen
die kunnen niuwan sorgen:
swar ich zer werlte kêre,
tanzen, lachen, singen
nie kein kristenman gesach
nu merkent wie den frouwen
die stolzen ritter tragent
an uns sint unsenfte brieve
uns ist erloubet trûren
daz müet mich inneclîchen
daz ich nu fur mîn lachen
die vogel in der wilde
waz wunders ist ob ich dâ von
wê waz spriche ich tumber man
swer dirre wünne volget,
          iemer mêr ouwê.

junge liute tuont,
ir gemüete stuont!
ouwê wie tuont si sô?
dâ ist nieman frô:
zergât mit sorgen gar:
sô jæmerlîche schar.
ir gebende stât:
dörpellîche wât.
her von Rôme komen,
und fröide gar benomen.
(wir lebten ie vil wol),
weinen kiesen sol.
betrùebet unser klage:
an fröiden gar verzage?
durch mînen bœsen zorn?
hât jene dort verlorn,

Owê wie uns mit süezen
ich sihe die gallen mitten
diu Welt ist ûzen schœne,
und innân swarzer varwe,
swen si nu habe verleitet,
er wirt mit swacher buoze
dar an gedenkent, ritter:
ir tragent die liehten helme
dar zuo die vesten schilte
wolte got, wan wære ich
sô wolte ich nôtic armman
joch meine ich niht die huoben
ich wolte sælden krône
die mohte ein soldenære
möht ich die lieben reise
sô wolte ich denne singen wol,
          niemer mêr ouwê.

dingen ist vergeben!
in dem honege sweben:
wîz grüen unde rôt,
vinster sam der tôt.
der schouwe sînen trôst:
grôzer sünde erlôst.
ez ist iuwer dinc.
und manegen herten rinc,
und diu gewîhten swert.
der sigenünfte wert!
verdienen rîchen solt,
noch der hêrren golt:
êweclîchen tragen:
mit sîme sper bejagen.
gevaren uber se,
und niemer mêr ouwê,

  

* * *

Uns ist unsers sanges meister an die vart,
den man ê von der Vogelweide nande,
diu uns allen nâch im ist vil unverspart.
waz frumt nû swaz er ê der welte verkande?

sîn hôher sin ist worden kranc.
nû wünschen ime dur sînen werden höveschen sanc,
sît dem sîn fröide sî ze wege,
daz sîn der süeze vater nâch genâden pflege.


Epitaph

De milite Walthero dicto von der Vogelweide, sepulto in ambitu
novi monasterii Herbip.; in suo epitaphio sculptum erat:


Pascua qui volucrum vivus Walthere fuisti,
Qui flos eloquii, qui Pallas os obliisti,
Ergo quod aureolam probitas tua possit habere,
Qui legit, hic dicat: Deus istius miserere!


Illeguan  >>

Wollt ihr schauen, was der Mai
Muget ir schouwen waz dem meien
 
Roter Mund, bringst dich in Schande
Roter munt, wie dû dich swachest
 
Ihr sollt sprechen: Sei willkommen
Ir sult sprechen willekomen
 
Man sagte mir vom Tegernsee
Man seit mir ie von Tegersê
 
Gelb, rot und blau die Welt einst war
Diu welt was gelf, rôt unde blâ
 
Gelobt sei die Stunde, als ich sie erkannte
Wol mich der stunde, daz ich sie …
 
Dürft ich noch erleben, dass ich Rosen
Müeste ich noch geleben daz ich …
 
O weh! wohin verschwanden alle …
Owê war sint verswunden alliu …
 

Der Meister unsres Sangs ging auf die …
Uns ist unsers sanges meister …
 
Grabinschrift
Epitaph

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W.v.d. Vogelweide (2)