[Marina Zwetajewa]

Marina Cvetaeva (1892 – 1941)

Gebet

Schenk mir, Christus, doch ein Wunder,
Jetzt, sofort, bei Tagesanbruch!
O lass mich sterben, in dieser Stunde,
Solang noch das Leben für mich wie ein Buch.

Halt mir nicht klug das Wort entgegen:
»Dulde, noch ist's nicht so weit.«
Du hast mir selbst – so viel gegeben!
Ich möchte jetzt gehn – alle Wege zugleich!

Vor allem: als Zigeunermädchen
Raubzüge machen mit Gesang;
Als Amazone Kriege bestehen;
Für alle leiden bei Orgelklang;

Im schwarzen Turm die Sterne deuten;
Kinder aus dem Dunkel führn …
Das Gestern zur Legende weiten,
Mich jeden Tag im Wahn verirrn.

Ich lieb das Kreuz, die Seide, Lerchen
Und meiner Seele schnelle Bahn.
Nach einer Kindheit wie im Märchen,
Schenk mir den Tod mit siebzehn Jahrn!

26. September 1909
Tarussa


Von vier Uhr bis sieben

Im Herz, wie im Spiegel, ein Schatten,
Auch unter den Leuten – alleine geblieben …
Der Tag geht nur langsam von statten
Von vier Uhr bis sieben!
Ich brauch keine Menschen – sie lügen
Und werden grausam bei Dämmerung.
Ich könnte weinen. Zur Schnur
Haben die Finger das Tüchlein gewrungen.
Beleidigst du mich – ich verzeih,
Doch bitt ich, mich nicht zu betrüben!
– Ich spüre unendliche Traurigkeit
Von vier Uhr bis sieben.


* * *

Meinen Versen, die ich früh geschrieben,
Als ich noch nicht wusste, dass ich ein Dichter bin,
Die wie Spritzer aus Fontänen sprühten,
Funkenflug, der aus Raketen springt,

Die wie kleine Teufel eingedrungen,
Wo der Weihrauch träumt, ins Heiligtum,
Versen, ob vom Tod, ob von der Jugend,
– Versen, die noch ungelesen ruhn!

Verstreut sind sie im Staub der Bücherläden,
Wo niemand sie gekauft hat, kaufen wird,
Meinen Versen wird, wie teuren Reben,
In der Zukunft einst ein Platz gebührn.

13. Mai 1913,
Koktebel'


* * *

Ein Vorfahr von mir – spielte Fiedel,
Ein reitender Räuber er war.
Drum sind meine Sitten von Übel.
Es duftet nach Windzug mein Haar!

Stiehlt er nicht, der Braune, vom Wagen
Mit meiner Hand – Aprikosen?
Es ist für mein Tun anzuklagen
Der Lockige mit schiefer Nase.

Die Heckenrose er drehte
Im Mund, während Landmänner pflügten.
Er war kein sehr guter Gefährte,
Doch zärtlich und kühn in der Liebe.

Er liebte Perlen, den Mond, seine Pfeife,
Der Nachbarschaft lieblichste Frauen.
Mir scheint, es war wohl auch feige,
Mein Vorfahr mit hellgelben Augen.

Er hat seine Seele dem Teufel verkauft,
Um Mitternacht sich nicht zum Friedhof getraut!
Ein Messer, hab ich mir gedacht, –
Steckte verborgen im Stiefelschaft.

Und nicht nur einmal sprang er hervor
Hinter der Ecke – katzengleich – rüde …
Aus mancherlei Gründen kommt's mir so vor,
Als spielte er nie auf der Fiedel!

Und so wie der Schnee vom vergangenen Jahr
War ihm alles egal. Nur höher im Norden
Bin ich, wie mein ehrloser Vorfahr es war,
Ein Vagant, nur als Dichter, geworden.

23. Juni 1915


* * *

Der verblichne Foliant hier
Hat für Frauen keinen Wert. –
Die ersehnte Ars Amandi
Einer Frau ist ganz die Erde.

Herz – ein Hexentrank der Liebe –
Mehr als alle treu.
Frauen sind schon in der Wiege
Jemands tiefer Sündenfall.

Ach, zum Himmel ist's zu weit!
Lippen nahn im nächtgen Blau …
– Gott, kein Strafgericht! – Du weiltest
Hier auf Erden nie als Frau!

29. September 1915


Verse für Blok

1

Dein Name ist der Spatz in meiner Hand.
Dein Name ist ein Eiskorn auf der Zunge.
Eine Bewegung nur der Lippen ist schon ganz
Dein Name, in vier Buchstaben gebunden.
Ein Bällchen, das gefangen ist im Flug,
Und eine Silberschelle tief im Mund.

Der Stein, hineingeworfen in den Teich,
Gluckst deinen Namen und im leich-
ten Trappeln, wenn des Nachts sich Pferdehufe
Nähern, hört man deinen Namen rufen.
Er wird an unsrer Schläfe auch genannt
Von der Pistole, deren Hahn man spannt.

Dein Name ist, – ach niemals wird's geschehn! –
Dein Name ist's, wenn du die Augen küsst,
Der zarte Frost auf unbewegtem Lid.
Dein Name ist es, den man küsst im Schnee.
Ein Schluck aus blauer Quelle, eisig, rein.
Mit deinem Namen stellt der tiefe Schlaf sich ein.

15. April 1916

An Achmatova

1

O Muse der Klage, du Schönste der Musen!
Du loses Gezücht der Nacht, der weißen!
Den Schneesturm schickst du, den schwarzen, uns Russen,
Wie Pfeile durchschlägt uns dein Rufen und Schreien.

Wir weichen zurück mit dumpfem Ach! –
Wir schwören den Eid hunderttausendfach: Anna
Achmatova! Name, der seufzen uns macht;
Wir stürzen ins Tiefe, ins Unbekannte.

Dies adelt uns: dass wir mit dir allein
Unterm selbigen Himmel die Erde betreten!
Und jener, den's Schicksal, dein tödliches, zeichnet
Wird sich unsterblich aufs Sterbebett legen.

Es leuchten die Kuppeln, es singt meine Stadt,
Der Pilger, der blinde, preist licht den Erlöser …
Dies Moskauer Läuten hab ich dir gebracht,
– Achmatova! – nimm auch mein Herz nun entgegen.

19. Juni 1916


* * *

Ich entreiß dich allen Ländern, allen Himmeln gar,
Denn der Wald ist meine Wiege und wird auch mein Grab,
Weil ich hier auf Erden stehe – nur auf einem Bein,
Weil ich für dich singen werd', wie keine andre, keine.

Ich entreiß dich allen Zeiten, allen Nächten auch,
Allen goldgeschmückten Bannern, jedem Schwertgebrauch,
Werf die Schlüssel weg, die Köter werden alle fortgejagt –
Weil ich treuer als ein Wachhund bin in dieser Erdennacht.

Ich entreiß dich allen andern – selbst der schönsten Braut,
Du wirst keiner Bräutigam, und ich – niemandes Frau,
Noch im allerletzten Streite nehm ich dich dem fort,
Jenem, der mit Jakob einstmals eine Nachtlang focht.

Doch solang ich deine Finger vor der Brust nicht falte –
O verflucht! bleibst du dir selber voll und ganz erhalten:
Hebe deine beiden Schwingen in den Äther bis du fällst,
Denn die Welt ist deine Wiege, und dein Grab – die Welt.

15. August 1916


Die Eberesche

Die Esche mit Beeren
War rötlich entflammt.
Es fielen die Blätter,
Mein Leben begann.

Im Streit lag
Hunderter Glocken Klang
An jenem Sonntag:
Apostel Johann.

Bis heute beiß ich
Und will gern verzehrn
Der glühenden Esche
Bittere Beern.

16. August 1916

Молитва

Христос и Бог! Я жажду чуда
Теперь, сейчас, в начале дня!
О, дай мне умереть, покуда
Вся жизнь как книга для меня.

Ты мудрый, ты не скажешь строго:
– «Терпи, еще не кончен срок».
Ты сам мне подал – слишком много!
Я жажду сразу – всех дорог!

Всего хочу: с душой цыгана
Идти под песни за разбой,
За всех страдать под звук органа
И амазонкой мчаться в бой;

Гадать по звездам в черной башне,
Вести детей вперед, сквозь тень …
Чтоб был легендой – день вчерашний,
Чтоб был безумьем – каждый день!

Люблю я крест, и щелк, и каски,
Моя душа мгновенний след …
Ты дал мне детство – лучше сказки
И дай мне смерть – в семнадцать лет!

26 сентября 1909,
Таруса


От четырех до семи

В сердце, как в зеркале, тень,
Скучно одной – и с людьми …
Медленно тянется день
От четырех до семи!
К людям не надо – солгут,
В сумерках каждый жесток.
Хочется плакать мне. В жгут
Пальцы скрутили платок.
Если обидишь – прощу,
Только меня не томи!
– Я бесконечно грущу
От четырех до семи.


* * *

Моим стихам, написанным так рано,
Что и не знала я, что я – поэт,
Сорвавшимся, как брызги из фонтана,
Как искры из ракет,

Ворвавшимся, как маленькие черти,
В святилище, где сон и фимиам,
Моим стихам о юности и смерти,
– Нечитанным стихам!

Разбросанным в пыли по магазинам,
Где их никто не брал и не берет,
Моим стихам, как драгоценным винам,
Настанет свой черед.

Коктебель, 13 мая 1913


* * *

Какой-нибудь предок мой был – скрипач,
Наездник и вор при этом.
Не потому ли мой нрав бродяч
И волосы пахнут ветром!

Не он ли, смуглый, крадет с арбы
Рукой моей – абрикосы,
Виновник страстной моей судьбы,
Курчавый и горбоносый.

Дивясь на пахаря за сохой,
Вертел между губ – шиповник.
Плохой товарищ он был, – лихой
И ласковый был любовник!

Любитель трубки, луны и бус,
И всех молодых соседок …
Еще мне думается, что – трус
Был мой желтоглазый предок.

Что, душу чёрту продав за грощ,
Он в поночь не шел кладбищем!
Еще мне думается, что нож
Носил он за голенищем.

Что не однажды из-за угла
Он прыгал –- как кошка – гибкий …
И почему-то я понала,
Что он – не играл на скрипке!

И было всё ему нипочем, –
Как снег прошлогодний – летом!
Таким мой предок был скрипачом.
Я стала – таким поэтом.

23 июня 1915


* * *

В гибельном фолианте
Нету соблазна для
Женщины. – Ars Amandi
Женщине – вся земля.

Сердце – любовных зелий
Зелье – вернее всех.
Женщина с колыбели
Чей-нибудь смертный грех.

Ах, далеко до неба!
Губы – близки во мгле …
– Бог, не суди! – Ты не был
Женщиной на земле!

29 сентября 1915


Стихи к Блоку

1

Имя твое – птица в руке.
Имя твое – льдинка на языке.
Одно-единственное движение губ.
Имя твое – пять букв.
Мячик, пойманный на лету,
Серебрянный бубенец во рту.

Камень, кинутый в тихий пруд,
Всхлипнет так, как тебя зовут.
В легком щелканье ночных копыт
Громкое имя твое гремит.
И назовет его нам в висок
Звонко щелкающий курок.

Имя твое – ах, нельзя! –
Имя твое – поцелуй в глаза,
В нежную стужу недвижных век.
Имя твое – поцелуй в снег.
Ключевой, ледяной, голубой глоток.
С именем твоим – сон глубок.

15 апреля 1916


Ахматовой

1

О, Муза плача, прекраснейшая из муз!
О ты, шальное исчадие ночи белой!
Ты черною насылаешь метель на Русь,
И вопли твои вонзаются нас, как стрелы.

И мы шарахаемся и глухое: ох! –
Стотысячное – тебе присягает: Анна
Ахматова! Это имя – огромный вздох,
И в глубь он падает, которая безымянна.

Мы коронованы тем, что одну с тобой
Мы землю топчем, что небо над нами – то же!
И тот, кто ранен смертельной твоей судьбой,
Уже бессмертным на смертное сходит ложе.

В певучем граде моем купола горят,
И Спаса светлого славит слепец бродячий …
И я дарю тебе свой колокольный град,
– Ахматова! – и сердце свое в придачу.

19 июня 1916


* * *

Я тебя отвоюю у всех земель, у всех небес,
Оттого что лес – моя колыбель, и могила – лес,
Оттого что я на земле стою – лишь одной ногой,
Оттого что я тебе спою – как никто другой.

Я тебя отвоюю у всех времен, у всех ночей,
У всех золотых знамен, у всех мечей,
Я ключи закину и псов прогоню с крыльца –
Оттого что в земной ночи я вернее пса.

Я тебя отвоюю у всех других – у той, одной,
Ты не будешь ничей жених, я – ничьей женой,
И в последнем споре возьму тебя – замолчи! –
У того, с которым Иаков стоял в ночи.

Но пока тебе не скрещу на груди персты –
О проклятие! – у тебя остаешься – ты:
Два крыла твои, нацеленные в эфир, –
Оттого что мир – твоя колыбель, и могила – мир!

15 августа 1916


Стихи о Москве

9

Красною кистью
Рябина зажглась.
Падали листья,
Я родилась.

Спорили сотни
Колоколов.
День был субботний:
Иоанн богослов.

Мне и доныне
Хочется грызть
Жаркой рябины
Горькую кисть.

16 августа 1916


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Von vier Uhr bis sieben
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Meinen Versen, die ich früh geschrieben
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