Afanasij Afanasevič Fet

geboren am 5. Dezember 1820 in Novosëlkij
gestorben am 5. Dezember 1892 in Moskau


Wird inzwischen als der reinste russische Lyriker des 19. Jhr. angesehen. Seine Gedichte hatten großen Einfluss auf den russischen Symbolismus, wurden aber im Sozialismus als zu unpolitisch unterdrückt. Eine umfassend objektive Einschätzung seines Werks steht noch aus.

Fets Name leitet sich von der Mutter her, die aus Deutschland stammte und eine verheiratete Foeth war. Sie verließ ihren ersten Mann mit dem russischen Gutsbesitzer Šenšin, der auch Fets Vater war. Erst 1876 nahm der Dichter den Namen Šenšin per Zarenerlass an.

Neben einer großen Anzahl, allerdings zur Kürze strebender, eigener Gedichte (4 Bände!), hat Fet auch viel übersetzt, fast die gesamte lateinische Literatur, aber auch Goethes Faust.

Nach frühen Erfolgen als romantischer Lyriker, wurde er später von der linksbestimmten Publizistik scharf angegriffen und kaum noch gedruckt. Große Anerkennung erfuhr Fet allerdings von seinen Freunden Lev Tolstoj und Ivan Turgenev.

Viele seiner Gedichte wurden in entstellter oder gekürzter Form gedruckt. Die hier übersetzten Originale sind rekonstruierte Fassungen, die den literarisch deutlich höheren Wert besitzen.

Eric Boerner


Der Kettensträfling

Schwere Ketten klirr'n bei jedem Schritte,
Arm und Bein gefesselt, leer der Blick.
Jeder Schritt trägt dich in ferne Wüsten –
      Armer Bruder, kehrst nicht mehr zurück!

Im Gesicht herrscht kühle Grabesstille,
Augen ruhig – Freude sich da regt?
Ist's, von hier zu scheiden, gar dein Wille?
      Armer Bruder, spreche dein Gebet!

(1840)


* * *

Wie traurig schaut die Birke,
Die vor dem Fenster steht,
Des Frostes freches Wirken
Hat sie arg entstellt.

Wie schwer behängt mit Trauben,
Neigen sich die Zweige, –
Die – lustig für die Augen –
Im Trauerkleid sich zeigen.

Das Spiel der Morgenröte
Betracht' ich gern an ihr,
Mich dauert's, wenn durch Vögel
Ein Zweig den Schmuck verliert.

(1842)


* * *

Wundervolles Bildnis,
Wie bist du mir vertraut:
Ebne, weiße Wildnis
Und der Vollmond schaut,

Himmelslichter glitzern,
Schneeglanz leuchtet auf,
Und des fernen Schlittens
Einsam-stiller Lauf.

(1842)


* * *

In der Frühe, da wecke sie nicht,
In der Frühe, da schläft sie so süß,
Dass der Morgen auf Busen, Gesicht,
In den Grübchen tief atmend erglüht.

Und das Kissen am Kopf ist erhitzt,
Ist erhitzt durch den quälenden Traum;
Und den Hals zu den Seiten umschließt
Schwarzer Flechthaare glänzender Saum.

Und am Abend, am gestrigen Tag
Lang und länger am Fenster sie stand,
Als der Mond in den Wolken lag,
Als der Mond zwischen Wolken versank.

Und sie wollte das Dunkel verstehn,
Wo laut trällernd die Nachtigall gluckst;
Und im Garten, in himmlischen Höhn
Weitaus lauter ihr Herzklopfen schlug.

Und je heller die Sterne erstrahlt,
Und je lauter die Nachtigall sang,
Desto bleicher wurde sie – fahl;
In der Brust schlug das bange Herz bang.

Aus dem Grunde siehst du im Gesicht,
In den Grübchen das Morgenlicht glühn.
Nicht wecken! Nein, wecke sie nicht:
In der Frühe, da schläft sie so süß!

1842


* * *

Sturm am Abendhimmel,
Bösartig lärmt es: das Meer –
Sturm auf dem Meer und Gedanken,
Es quälen Gedanken so sehr –
Sturm auf dem Meer und Gedanken,
Sie steigen wie Chöre empor –
Schwarz türmen sich dunkle Wolken,
Bösartig lärmt es: das Meer.

(1842)


* * *

Ich stand lange Zeit unbeweglich
Und sah zu den Sternen empor, –
Und so wurde zwischen uns stetig
Die engste Verbindung geborn.

Ich weiß nicht genau, was ich dachte;
Ich lauschte dem himmlischen Chor,
Die Sterne erzitterten sachte,
Mein Herz ging an Sterne verlorn …

1843


Ferne

Im Fernen sich bauschend
Steigt wolkig der Staub;
Sind's Reiter, sind's Läufer –
Kein Mensch es erschaut!

Ich seh: jemand reitet,
So kühn ist sein Pferd.
Ach du, ferne Freundin,
Halte mich Wert!

(1843)


Колодник

С каждым шагом тяжкие оковы
На руках и на ногах гремят,
С каждым шагом дальше в край суровый
      Не вернешься, бедный брат!

На лице спокойствие могилы,
Очи тихи; может быть, ты рад,
Что оставил край, тебе немилый?
      Помолися, бедный брат!

(1840)


* * *

Печальная береза
У моего окна,
И прихотью мороза
Разубрана она.

Как гроздья винограда,
Веткой концы висят, –
И радостен для взгляда
Весь траурный наряд.

Люблю игру денницы
Я замечать на ней,
И жаль мне, если птицы
Стряхнут красу ветвей.

(1842)


* * *

Чудная картина,
Как ты мне родна:
Белая равнина,
Полная луна,

Свет небес высоких,
И блестящий снег,
И саней далеких
Одинокий бег.

(1842)


* * *

На заре ты ее не буди,
На заре она сладко так спит;
Утро дышит у ней на груди,
Ярко пышет на ямках ланит.

И подушка ее горяча,
И горяч утомительный сон,
И, чернеясь, бегут на плеча
Косы лентой с обеих сторон.

А вчера у окна ввечеру
Долго-долго сидела она
И следила по тучам игру,
Что, скользя, затевала луна.

И старалась понять темноту,
Где свистал и урчал соловей;
То на небе, то в звонком саду
Билось сердце слышнее у ней.

И чем ярче играла луна,
И чем громче свистал соловей,
Все бледней становилась она,
Сердце билось больней и больней.

Оттого-то на юной груди,
На ланитах так утро горит.
Не буди ж ты ее, не буди,
На заре она сладко так спит!

1842


* * *

Буря на небе вечернем,
Моря сердитого шум –
Буря на море и думы,
Много мучительных дум –
Буря на море и думы,
Хор возрастающих дум –
Черная туча за тучей,
Моря сердитого шум.

(1842)


* * *

Я долго стоял неподвижно,
В далекие звезды вгладясь, –
Меж теми звездами и мною
Какая-то связь родилась.

Я думал… не помню, что думал;
Я слушал таинственный хор,
И звезды тихонько дрожали,
И звезды люблю я с тех пор…

1843


Даль

Облаком волнистым
Прах встает вдали;
Конный или пеший –
Не видать в пыли!

Вижу: кто-то скачет
На лихом коне.
Друг мой, друг далекий,
Вспомни обо мне!

(1843)


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Der Kettensträfling
Колодник
 
Wie traurig schaut die Birke
Печальная береза
 
Wundervolles Bildnis
Чудная картина
 
In der Frühe da wecke sie nicht
На заре ты ее не буди
 
Sturm am Abendhimmel
Буря на небе вечернем
 
Ich stand lange Zeit unbeweglich
Я долго стоял неподвижно
 
Ferne
Даль

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Afanasij Fet (1)