[E. I. Gejtman: Alexander Puschkin (1822)]

Александр Пушкин (1799 – 1837)

Meine Grabinschrift

Begraben hier liegt Puschkin, der mit jungen Musen,
Der Liebe und dem Müßiggang 'ne schöne Zeit verbracht;
Er war aus tiefster Seele – zwar tat er nie was Gutes –
        Gottlob, ein guter Mensch dem Wesen nach.

1815


An Čaadaev

Nicht lange schlugen uns in Bande
Die Liebe, Hoffnung, stiller Ruhm,
Die jugendlichen Freuden schwanden
Wie's Träume, Morgennebel tun.
Doch brennt in uns noch ein Verlangen:
Im Joch verhängnisvoller Macht
Hören wir mit Zittern, Bangen,
Wie das Vaterland erwacht.
Unser hoffnungsmüdes Harren
Auf der Freiheit heilgen Kuss
Gleicht dem jungverliebten Warten
Auf ein sichres Rendezvous.
Solange wir nach Freiheit zehren
Und noch ein Herz für Ehre schlägt,
Wolln wir dem Vaterland verehren,
Was schöne Seelen hoch erhebt.
Denn glaub mir, Freund, die Zeit rückt näher,
Der freudenvolle Glücksstern steigt,
Und Russland wird sich bald erwehren,
Bis jemand unsre Namen schreibt
Aufs Bruchgestein der Zarenära.

1818


P. Ja. Čaadaev war ein Husarenoffizier der Leibgarde,
der am Feldzug von 1812 teilgenommen hatte und wie auch
andere Veteranen mit freiheitlichen Ideen zurückkehrte.
Er erregte später viel Aufsehen mit einem philosophischen Brief,
der die Unterlegenheit Russlands dem Westen gegenüber beklagte.
Mit Puškin war er bis zu dessen Verbannung in den Süden
im Jahre 1820 eng befreundet.
(E. B.)


Wiedergeburt

Ein Kunstbarbar mit schlaffer Hand
Befleckt das Bild eines Genies,
Indem er es voll Unverstand
Mit eignen Krakeln überzieht.

Die fremden Farben mit den Jahren
Platzen schuppenwelk herab,
Bis das, was das Genie gestaltet,
In alter Schönheit wieder strahlt.

So muss auch jener Irrtum schwinden,
Der lang schon meine Seele quält,
Bis sich Visionen wiederfinden,
Die rein der erste Tag enthält.

1819


* * *

Ich überlebte meine Wünsche,
Mag meine Träume längst nicht mehr;
Für mich blieb nur das Leiden übrig,
Die Frucht des Herzens, hohl und leer.

Im Sturmwind grausigen Geschicks
Ist meines Lorbeers Grün verwelkt –
Ich lebe einsam, ohne Glück,
Und warte: Ende, kommst du schnell?

So hört, besiegt von später Kälte,
Wie stürmisch klingt des Winters Pfiff,
Und zittert an dem Zweig verzweifelt
Das letzte Blatt, das übrig ist! …

1821


Der Gefangene

Ich sitz hinter Gittern im Kerker, der feucht,
Ein Adlerjunges, dem Käfig entfleucht,
Schlägt mit den Flügeln; mein trauriger Freund
Pickt blutige Nahrung vorm Fenster allein.

Dann lässt er das Futter, schaut zu mir herein,
Als wär er mit mir in Gedanken vereint.
Er ruft mit dem Blick mich und mit seinem Schrei,
Als wollte er sagen: »Wir Vögel sind frei!

Komm, lass uns fliegen; mein Bruder, 's wird Zeit!
Wo hinter den Wolken die Berge so weiß,
Wo Meerländer strahlen im tiefblauen Licht,
Dorthin, wo die Winde nur ziehen … und ich! …«

1822


An ***

Ein Augenblick, ein wunderschöner:
Vor meine Augen tratest du,
Erscheinung im Vorüberschweben,
Der reinen Schönheit Genius.

In hoffnungslosem Leid gefangen,
Im Wirbelwind der lauten Welt
Erklang dein zartes Stimmchen lange,
Im Traum erschien dein zartes Bild.

Der Sturm rebellischer Visionen
Zerbrach, was einstmals Träume warn,
Dein zartes Stimmchen ging verloren,
Dein Götterbild schwand mit den Jahrn.

Ertaubt, im Finster der Verbannung
Still Tag um Tag von dannen schlich,
Kein Gott, und keine Musen sangen,
Kein Leben, Tränen, Lieben nicht.

Doch dann erwachte meine Seele:
Von Neuem tratst du auf mich zu,
Erscheinung im Vorüberschweben,
Der reinen Schönheit Genius.

Erregung, Herzschläge erklingen,
Neu aus der Asche schwingt sich auf
Die Gottheit, und die Musen singen,
Und Leben, Tränen, Liebe auch.

1825


* Anna Petrovna Kern (1800 – 1879) gewidmet.
Puschkin hatte sie zuerst 1819 kurz getroffen.
Seit 1825 hatten beide ein längeres Verhältnis.
Sie schrieb später viel gelesene »Erinnerungen
an Puschkin«.
(E. B.)

* * *

Wenn das Leben dich betrügt,
Sei nicht traurig, nicht beklommen!
Bleib auch beim Schicksalsschlag vergnügt:
Ein bessrer Tag, glaub mir, wird kommen.

Das Herz: im Zukünftigen lebt's;
Die Gegenwart kennt nur Beschwerden;
Doch schon im Nu ist sie verweht;
Und was vergeht, wird wieder werden.

1825


Winterabend

Sturm verhüllt den düstren Himmel,
Wirbelt Schneeflocken herum;
Wie ein Kind schreit er und wimmert,
Heult wie'n Wildtier und verstummt,
Mal, durch das Gebälk mäandernd,
Rauscht er durch das Stroh des Dachs,
Dann, wie ein verirrter Wandrer,
Schlägt er an das Fensterglas.

Unsre baufällige Kate
Ist so dunkel, traurig, dumpf.
Warum hockst du, meine Alte,
Dort am Fenster still und stumm?
Hat der Sturm mit seinem Heulen
Dich, Gefährtin, müd gemacht,
Hat der Spindel Sirrn und Säuseln
Dir 'nen Schlummertraum entfacht?

Lass uns trinken, gute Freundin
Meiner armen Jugendzeit,
Wo ist's Glas? Es lindert Leiden,
Bis das Herz sich wieder freut.
Sing mir's Liedchen, wie die Meise
Still hinter dem Meer gelebt;
Von dem Mädchen sing die Weise,
Das nach Wasser morgens geht.

Sturm verhüllt den düstren Himmel,
Wirbelt Schneeflocken herum,
Wie ein Kind schreit er und wimmert,
Heult wie'n Wildtier und verstummt.
Lass uns trinken, gute Freundin
Meiner armen Jugendzeit!
Wo ist's Glas? Es lindert Leiden,
Bis das Herz sich wieder freut.

1825


Der Prophet

Vom Durst nach Geist und Licht gemartert,
Ich einst durch finstre Wüsten ging,
Als mit sechs Schwingen, unerwartet,
Am Kreuzweg ein Seraph erschien.
Mit zarten Fingern, traumesschwer,
Mein Augenpaar berührte er,
Um wie bei Adlern, die erschrecken,
Die Augen heilig zu erwecken.
Das Ohr berührte seine Hand
Und mich erfüllten Lärm und Klang:
Und ich vernahm ein Himmelsbeben,
Der Engel weitgespannten Flug,
Der Meeresdrachen stiller Zug,
Das Rascheln, tief im Tal, der Rebe.
Er riss, geschmiegt an meinen Mund,
Des Sünders Zunge aus dem Schlund,
Die schwatzhaft ist und Argwohn hegt,
Und hat mit blutbedeckter Hand
Der weisen Schlange Zungenband
In den erstorbnen Mund gelegt.
Er hat mir, kraft des kalten Schwerts,
Die Brust zerteilt mit kurzem Streich,
Ersetzte dann mein zuckend Herz
Durch glühnde Kohle, flammenreich.
Ein Leichnam – lag ich in der Wüste,
Als Gottes Stimme mich erlöste:
»Steh auf, Prophet, und sieh, und höre,
Um ganz mein Wollen zu ergründen.
Durchquere Länder, und die Meere,
Durch's Wort die Herzen zu entzünden.«

1826 – 1828


Sendschreiben nach Sibirien

In finstren Tiefen sibirischer Erze
Bewahrt Geduld, seid stolz und klug,
Denn euer Werk, das schicksalsschwere,
Wird wachsen im Gedankenflug.

Des Unglücks treuergebne Schwester,
Die Hoffnung, weckt im dunklen Schacht
Den Mut, die Fröhlichkeit, bis letztlich
Die lang ersehnte Zeit erwacht:

Die Liebe und die Freundschaft dringen,
Obwohl ihr eingekerkert seid,
Zu eurer schweren Zwangsarbeit,
Wie jetzt nur meine freie Stimme.

Die Fessel, die den Fuß beschwert,
Wird brechen wie des Kerkers Schranken,
Die Freiheit euch am Tor empfangen
Und Brüder reichen euch das Schwert.

1827


Dieses Sendschreiben an die zu Zwangsarbeit verurteilten
Dekabristen gelangte durch eine jener Frauen nach Sibiren,
die ihren Männern in die Verbannung folgten.
Der Dichter A. I. Odoevskij beantwortete es im Namen der
Dekabristen mit dem Gedicht »Der heilgen Saiten
Feuerklänge«.
(E. B.)

Моя эпитафия

Здесь Пушкин погребен; он с музой молодою,
С любовью, леностью провел веселый век,
Не делал доброго, однако ж был душою,
        Ей-богу, добрый человек.

1815


К Чаадаеву

Любви, надежды, тихой славы
Недолго нежил нас обман,
Исчезли юные забавы,
Как сон, как утренний туман;
Но в нас горит еще желанье,
Под гнетом власти роковой
Нетерпеливою душой
Отчизны внемлем призыванье.
Мы ждем с томленьем упованья
Минуты вольности святой,
Как ждет любовник молодой
Минуты верного свиданья.
Пока свободою горим,
Пока сердца для чести живы,
Мой друг, отчизне посвятим
Души прекрасные порывы!
Товарищ, верь: взойдет она,
Звезда пленительного счастья,
Россия вспрянет ото сна,
И на обломках самовластья
Напишут наши имена!

1818


Возрождение

Художник-варвар кистью сонной
Картину гения чернит
И свой рисунок беззаконный
Над ней бессмысленно чертит.

Но краски чуждые, с летами,
Спадают ветхой чешуей;
Созданье гения пред нами
Выходит с прежней красотой.

Так исчезают заблужденья
С измученной души моей,
И возникают в ней виденья
Первоночальных, чистых дней.

1819


* * *

Я пережил свои желанья,
Я разлюбил свои мечты;
Остались мне одни страданья,
Плоды сердечной пустоты.

Под бурями судьбы жестокой
Увял цветущий мой венец –
Живу печальный, одинокий,
И жду: придет ли мой конец?

Так, поздним хладом пораженный,
Как бури слышен зимний свист,
Один – на ветке обнаженной
Трепещет запоздалый лист!…

1821


Узник

Сижу за решеткой в темнице сырой.
Вскормленный в неволе орел молодой,
Мой грустный товарищ, махая крылом,
Кровавую пищу клюет под окном,

Клюет, и бросает, и смотрит в окно,
Как будто со мною задумал одно.
Зовет меня взглядом и криком своим
И вымолвить хочет: «Давай улетим!

Мы вольные птицы; пора, брат, пора!
Туда, где за тучей белеет гора,
Туда, где синеют морские края,
Туда, где гуляем лишь ветер… да я!…»

1822


К ***

Я  помню чудное мгновенье:
Передо мной явилась ты,
Как мимолетное видение,
Как гений чистой красоты.

В томленьях грусти безнадежной,
В тревогах шумной суеты,
Звучал мне долго голос нежный,
И снились милые черты.

Шли годы. Бурь порыв мятежный
Рассеял прежние мечты,
И я забыл твой гогос нежный,
Твои небесные черты.

В глуши, во мраке заточенья
Тянулись тихо дни мои
Без божество, без вдохновенья,
Без слез, без жизни, без любви.

Душе настало пробуждение:
И вот опять явилась ты,
Как мимолетное видение,
Как гений чистой красоты.

И сердце бьется в упоенье,
И для него воскресли вновь
И божество, и вдохновенье,
И жизнь, и слезы, и любовь.

1825


* * *

Если жизнь тебя обманет,
Не печалься, не сердись!
В день уныния смирись:
День веселья, верь, настанет.

Сердце в будущем живет;
Настоящее уныло:
Всё мгновенно, всё пройдет;
Что пройдет, то будет мило.

1825


Зимний вечер

Буря мглою небо кроет,
Вихри снежные крутя;
То, как зверь, она завоет,
То заплачет, как дитя,
То по кровле обветшалой
Вдруг соломой зашумит,
То, как путник запоздалый,
К нам в окошко застучит.

Наша ветхая лачужка
И печальна и темна.
Что же ты, моя старушка,
Приумолкла у окна?
Или бури завываньем
Ты, мой друг, утомлена,
Или дремлешь под жужжаньем
Своего веретена?

Выпьем, добрая подружка
Бедной юности моей,
Выпьем с горя; где же кружка?
Сердцу будет веселей.
Спой мне песню, как синица
Тихо за морем жила;
Спой мне песню, как девица
За водой поутру шла.

Буря мглою небо кроет,
Вихри снежные крутя;
То, как зверь, она завоет,
То заплачет, как дитя.
Выпьем, добрая подружка
Бедной юности моей,
Выпьем с горя; где же кружка?
Сердцу будет веселей.

1825


Пророк

Духовной жаждою томим,
В пустыне мрачной я влачился,–
И шестикрылый серафим
На перепутье мне явился.
Перстами легкими, как сон,
Моих зениц коснулся он.
Отверзлись вещие зеницы,
Как у испуганной орлицы.
Моих ушей коснулся он,–
И их наполнил шум и звон:
И внял я неба содроганье,
И горний ангелов полет,
И гад морских подводный ход,
И дольней лозы прозябанье.
И он к устам моим приник,
И вырвал грешный мой язык,
И празднословный, и лукавы,
И жало мудрыя змеи
В уста замершие мои
Вложил десницею кровавой.
И он мне грудь рассек мечом,
И сердце трепетное вынул,
И угль, пылающий огнем,
Во грудь отверстую водвинул.
Как труп в пустыне я лежал,
И бога глас ко мне воззвал:
«Восстань, пророк, и виждь, и внемли,
Исполнись волею моей,
И, обходя моря и земли,
Глаголом жги сердца людей».

1826 – 1828


Послание в сибирь

Во глубине сибирских руд
Храните гордое терпенье,
Не пропадет ваш скорбный труд
И дум высокое стремленье.

Несчастью верная сестра,
Надежда в мрачном подземелье
Разбудит бодрость и веселье,
Придет желанная пора:

Любовь и дружество до вас
Дойдут сквозь мрачные затворы,
Как в ваши каторжные норы
Доходит мой свободный глас.

Оковы тяжкие падут,
Темницы рухнут – и свобода
Вас примет радостно у входа,
И братья меч вам отдадут.

1827


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Meine Grabinschrift
Моя эпитафия
 
An Čaadaev
К Чаадаеву
 
Wiedergeburt
Возрождение
 
Ich überlebte meine Wünsche
Я пережил свои желанья
 
Der Gefangene
Узник
 
An ***
К ***
 
Wenn das Leben dich betrügt
Если жизнь тебя обманет
 
Winterabend
Зимний вечер
 
Der Prophet
Пророк
 
Sendschreiben nach Sibirien
Послание в сибирь

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