[Bachyt Kenzheev]

Bachyt Kenžeev (* 1950)

* * *

Wie ich die Großen beneide!
Ich beneide die Großen so
wie ein angeschäkerter gelehrter Kater
den nächtlichen Löwen beneidet.
Ach Puschkin, du findiger Betrüger!
Mir will nicht gelingen die Kater-
dressur. Der meine hier ist schwarz
und, zugestanden, dämlich. Ich rufe –

doch er miaut vom Balkon,
wo der Herbst, ein Leichnam auf dem Thron,
durch's trockne Spitzendeckchen schaut
der Ahornblätter. Ach, bittre Not –
Archip ist heiser, Emelja seicht,
die Arrogante kann nicht weinen,
im Sternenchor, unausweichlich leicht,
wird meine Stimme niemals leuchten.

Gott sei mit dir! Im purpurroten
und himmelblauen, im gelben Strahlen
und im kärglichen Niesel und Wind
wird jedes Leben zersetzt, auch das,
was mühsam der Künstler zur Abendstunde –
der obdachlose Weberknecht –
mit unbemerktem Netz umspinnt
auf der Septemberleinwand im Eck.


* * *

Das saubre Hemd liegt schon bereit.
Seufze, wasch mich, setz den Blick,
den bescheidenen, auf, um dann ganz leis
Bach zu hörn, heiß ich doch selbst: Bachyt.
Du sagst – ein dummer Zufall bloß!
Doch hitzig drauf der Dichter spricht:
Im Weltenklang, dem dunklen Schoß,
gibt's Zufälle, die sinnlos, nicht.
Zoilos! In den Billardlöchern
Versenkst du deine Kugeln nie!
Verzeih! Doch seine Muse feiert
Zusammen mit meiner, die niedriger fliegt.
Mag auch im trunknen Nebel träumen
meine Seele, die verwaist,
doch mit Johannes Sebastianus
bin ich im Wurzelwerk ganz eins!


* * *

's wird Winter. Bienenkorb steht offen.
Das Finstre ist voll stillem Licht.
Erwachst zu früh, und seufzst betroffen,
Und zögerst, bis du »Winter« sprichst.

Auf unser Werk lasst Tee uns trinken,
Auf die Mission als Komödiant.
Die Raffinade tanzt im Sinken.
So zögert man, »Ade« zu winken.
Das Leben ist kurz, der Abend lang.

1976


* * *

Die Zuckerpflaume mit den Lippen saugen,
solang bis säuerlich der Saft dann spritzt;
den Kater tief im Sand verbuddeln bis
der Regen pladdert; schwarz es wird vor Augen
und immer klarer, und der Phlox besitzt
den Anschein einer Königin beim Schach.
Ich bin erst fünf und dieser Sommer lacht
höchst schräg, Terrasse, Sommerfrische, Garten,
ich konnt mir anzuschauen kaum erwarten
was unterirdisch ist, voll Furcht vorm Dunkel,
als hätte ich die Höllennacht gefunden.
Jedoch war das vor über zwanzig Jahren.
Zusammen lebte ich mit goldnen Fischen,
Tritonen: schwarzgrün, einer konnt entwischen
und ich beweinte aus enttäuschter Liebe
das Fischchen. Ja, wir waren schon wie Große,
und Käfer, Hummeln kamen angeflogen,
und's Fröschchen hat mich in den Wald getrieben;
ich wär so gern für immer dort geblieben
und hätt die Menschen ewiglich gemieden.

1980


* * *

Ich weine, weil es kein Gewitter gibt,
Wie giftig schaut das Grün in diesem Sommer!
Ja, solch ein sonderbares Phosphorlicht
Fehlt ganz im Katalog der Mittelzonen.

Ich weine, denn kein Regen ist zu sehn,
Geritzelt stehn die Brennnesseln wie Talmi,
Und die Natur ist unnatürlich schön,
Wie alles jetzt erblüht, selbst Schachtelhalme.

Ich weine. Auf der himbeerroten Wange
Ist längst der Eiterpickel ausgeheilt,
Hab kalkbleich schon als Säugling angefangen,
Bin Zugluft schon gewohnt seit langer Zeit.

Es schmerzt den Augen Iris, auch die Rose,
Uns zu ersticken schwindet jeder Wind –
Warum machst du, mein Land, mich so verdrossen,
Wo bleibt der Tränenguss, der Rettung bringt?

1981


Klage der Jaroslavna

            Doch soviel
automobiler lärm        auf dem regenfeuchten
glänzenden boulevard        natürlicher ist
als das pfeifen des luftzugs        an der spitze der pike
            zum rechten bein mit angezogenem steigbügel

            Und soviel
als dass höchstens interessant ist        wann jemand mit jemandem
zuerst die lanze kreuzte        an irgend einem punkt
der teils waldigen teils steppigen ebene
die mordvinisch        slavisch        oder poloveckisch gewesen
die wir ziemlich ungenau        Russland nennen
            und wohl zweifelhaft

            So ist auch ziemlich unvorstellbar
dieses frauengejammer        teilweise natürlich rituell
bis zum sonnenaufgang
bis zum monduntergang
im wind
            und vielleicht sogar auf der stadtmauer

            Denn die blutigen wunden
auf den grausigen körpern
            sind weggewischt


Wind

Bleibt ruhig sitzen, meine Herren,
bereit sind dort längst die Gewehre.
Spielt nicht auf der Gitarre mehr,
auch fort zu gehen wird verwehrt.

Was kreist der Wind in Schluchten lange?
Viel Staub aufwirbelnd, gehn Waräger.
Sie tragen kriegerische Banner,
so rau-verkrümmt wie niemals wieder.

Horch, 's kriecht der Wald, die Planke nässt nicht,
man krümmt wie'n Peitschenstiel die Fichte.
Das Messer bleibt im Schaft des Stiefels,
noch schweigt der Zeremonienmeister.

Was werfen wir in Furchen Samen,
was tragen wir die hohlen Namen,
warum nur laufen wir mit allen?
Bist doch allein, wie nie vorher.


* * *

In der gewittrigen, rosigen frischen Luft – nächtlich
Schreibt der Autor und Flieger Silbe für Silbe
Ein blankes, kurzes Gedicht über nichts:
Kreuzreim, Vogellärm bricht final in die Stille.

Mit trauriger Prosa und mit stechenden Rosen
Die Hauptstadt dem Machwerk entgegentritt …
Talentvoller gesprochen, nichts treibt mehr die Motoren,
Und die erhitzte Feder schrieb nur auf, was ist.

1996


Humberts Morgentraum

Du hast's überlebt, die Nacht ist vorbei,
Und wiederholst im Stillen zweimal zwei –
Belustigendes 5. Klasse-Mädchen …
Es blieben unberührt – die zarten Hände,
Die heißen Lippen, welche Leid versenden,
Die kleinen, die so seufzend sich erheben

Beim Wort »die Schule« – sie wölben kaum die Bluse –
Bezirke (noch nennt man das nicht Busen,
Dies zärtliche Versprechen der Natur) …
Und glücklich bin ich einzig aus dem Grund:
Du sahst mir ins Gesicht, dann sprach dein Mund
Für einen Augenblick – »Was willst du nur?«

1996


Goethe

Hitzig schrie ich: »O wie gern
würde ich sehr lange
ein Jüngling sein, ein Säugling! ich wünschte,
dass mein Körper nicht zerschmölze wie ein Eiskrug
voller glühendem Quecksilber!
die Seele zerfrisst mein Fleisch! wie sehr
möchte ich mit, sagen wir mal, zweiundsiebzig noch ein rüstiger
und reger Geheimrat sein, so hitzig
wie Goethe!«
Du lachst mich aus: »O weh, mein Freund, du bist doch
ein Dichter. Was willst du denn –
die Dichtung ist es, die dich verbrennt.
Jener, der keine Verse schreibt, lebt einfach
und arbeitsam wie ein Mühlstein,
der die Körner im Auge nicht sieht.
Und was ist schon Goethe!
wenn er sich richtig mit dem Schreiben befasst hätte –
hätte er wohl kaum dieses legendäre Alter erreicht.
Seine Rettung bestand darin,
dass er keine einzige Zeile geschrieben hat, –
hab ich nicht recht?« – und du hobst die Augen.
Ich erstarrte
vor Schreck. Ich berührte das Zimmer
und tastete es ab wie einen abergläubischen Kopf.
Die Luft wurde wächsern. Die Kerzen,
wie die Finger eines Häretikers, entzündeten sich von ganz allein.
Das Glas mit dem Wein begann unsicher zu schwanken
und fiel vom Tisch. Die ganze Zeit, als es fiel,
schautest du mich an (dein Grinsen –
wie der weiße Star der Mitternacht, der sich von außen an die Scheibe presst,
sagte nichts mehr.


Armageddon

Und so stehen sie sich gegenüber,
schweigend und bewegungslos,
und fangen nicht einmal an.

Und werden es auch nicht: alle Kräfte
sind bei der Vorbereitung auf diesen Kampf verbraucht worden.
So bleiben nur das Gute und das Böse als solche übrig.
Dort oben, schau hin, sind sie noch zu sehen,
und sogar von hier – keiner rührt sich. Der Wind
bewegt die herabhängenden Banner (was recht seltsam ist:
woher kommt denn der Wind
im absoluten Raum, wo es keine Luft gibt?)


* * *

Как я завидую великим!
Я так завидую великим,
как полупьяный кот ученый
завидует ночному льву.
Ах Пушкин, ах обманщик ловкий!
Не поддаются дрессировке
коты. Вот мой, допустим, черный
и бестолковый. Я зову –

а он мяучит на балконе,
где осень, как мертвец на троне,
глядит сквозь кружево сухое
кленовых листьев. Ах, беда –
Архип охрип, Емеля мелет,
гордячка плакать не умеет,
и в неизбежном легком хоре
светил мой голос никогда

не просияет. Бог с тобою!
На алое и голубое,
на желтый луч и дождик бедный
расщеплена и жизнь, и та,
что к вечеру художник трудный –
ткач восьминогий, неприютный, –
означит сетью незаметной
в углу сентябрьского холста.


* * *

Готова чистая рубаха.
Вздохну, умоюсь, кроткий вид
приму, чтоб тихо слушать Баха,
поскольку сам зовусь Бахыт.
Ты скажешь – что за скучный случай!
Но жарко возразит поэт,
что в мире сумрачных созвучий
бесцельных совпадений нет.
Зоил! Не попадает в лузу
твой шар дубовый, извини!
Его торжественная муза
моей, замурзанной, сродни.
Пускай в тумане дремлет пьяном
осиротевшая душа,
но с Иоганном Себастьяном
мы вечно будем кореша

* * *

Что ж, зима. Белый улей распахнут.
Тихим светом насыщена тьма.
Спозаранок проснутся и ахнут,
И помедлят и молвят: «Зима».

Выпьем чаю за наши писанья,
За призвание весельчака.
Рафинада всплывут очертанья.
Так и тянет шепнуть: «До свиданья».
Вечер долог, да жизнь коротка.

1976


* * *

Сжимать губами сахарную сливу,
пока не брызнет кисловатый сок,
кота зарыть в песок,
и хлынет ливень,
и станет всё темней и ярче, флокс
стоит как шахматная королева,
пять лет мне, это лето где-то слева
мне видится, терраса, дача, сад,
и я смотреть ходила губосят
под землю, и боялась темноты, да,
всё как во мрачном царствии Аида,
но это было двадцать лет назад.
Со мною жили рыбки золотые,
тритоны: изумрудный, чёрный и
один сбежал, а я рыдала от любви
обманутой. Мы были как большие,
ко мне жуки летали и шмели,
лягушки в лес меня гулять вели,
хотелось навсегда мне там остаться
и к людям никогда не возвращаться.

1980


* * *

Я плачу оттого, что нет грозы,
Как зелень ядовита в это лето!
Такого фосфорического света
Нет в каталогах средней полосы.

Я плачу – оттого что медлит дождь,
Стоит в резьбе нефритовой крапива,
Природа неестественно красива,
Всё нынче зацветает, даже хвощ.

Я плачу. На малиновой щеке
Застыла лихорадочная блёстка.
Я бледная от роду – как извёстка,
И я привыкла жить на сквозняке,

Но жжёт глаза от ирисов и роз,
И ветры затаились для удушья –
Ну что же ты, земля моя недужья,
Спасительных не проливаешь слёз!

1981


Плач Ярославны

            А поскольку
автомобильный шум        на мокром от дождя
светящемся проспекте        естественней
чем ветра свист        на острие пики
            к правой ноге у стремени прижатой

            И поскольку
не более чем любопытно        что кто-то с кем-то
первым преломил копье        в какой-то точке
полулесной полустепной равнины
мордовской ли        славянской        половецкой
которую мы называем Россией        довольно неточно
            и кажется сомнительно

            То и почти непредставим
вой женщины        отчасти конечно ритуальный
до восхода солнечного
до лунного исчезновенья
на ветру
            и даже может быть на городской стене

            Ведь раны кровавые
на телах жестоких
            утерты


Ветер

Сидите тихо, господа,
у них там ружья наготове.
И не играйте на гитаре,
и не ходите никуда.

Зачем крутится ветр в овраге?
Подъемля пыль, идут варяги.
Несут хоругви боевые,
корявые, как никогда.

Слышь, лес ползет, сухое днище.
Вот гнет сосну, что кнутовище.
Вот нож кладет за голенище
пока молчавший тамада.

Зачем бросать в бороздку семя,
зачем носить пустое имя,
зачем, зачем бродить со всеми?
Ведь ты один, как никогда.


* * *

В грозовом и розовом воздухе ночном
Автор-авиатор пишет по слогам
Белую короткую поэму ни о чем:
Две строки закрученных; в финале – птичий гам.

Прозою печальною, розою колючею
Встречена в столице эта повесть или весть –
Говоря талантливей, кончилось горючее,
И перо горячее писало то, что есть.

1996


Утренний сон Гумберта

Вот ночь прошла, а ты еще жива,
И тихо повторяешь дважды два –
Смешливая девчонка-пятиклашка…
И не коснулся я – ни тонких рук,
Ни теплых губ, сулящих столько мук,
Ни маленьких, вздымающихся тяжко

При слове «школа» – выпуклых чуть-чуть –
Округлостей (пока еще не грудь,
А робкое намеренье природы)…
И счастлив я всего лишь оттого,
Что ты коснулась тихо моего
Лица и, посмотрев, сказала: «Что ты?»

1996


Гёте

Я с жаром вскричал: «О, но как бы
я желал быть долго
молодым, молочным! желал бы, чтобы мое тело
не таяло, как ледяной кувшин,
полный пылающей ртути!
душа разъедает мою плоть! как хотел бы
я быть в семьдесят, скажем, два бодрым
и подвижным тайным советником, пылким влюбленным, –
как Гете!»
Ты усмехнулся: &«Увы, мой друг, но ведь
ты поэт. Что ж ты хочешь –
это поэзия тебя сжигает.
Тот, кто не пишет стихов, живет прочно
и деятельно, как мельничный жернов,
в глаза не видевший зерен.
А что такое Гете!
если бы он занимался писаньем –
вряд ли бы прожил так легендарно долго.
Его спасение было
ведь в том, что он не написал ни строчки, –
не правда ли?» – и ты поднял глаза.
Я замер
в ужасе. Комнату тронуло
и обнесло, как суеверную голову.
Воздух повосковел. Свечи,
как пальцы еретика, вспыхнули сами собою.
Бокал с вином неуверенно покачнулся
и полетел со стола. Всё время, пока он падал,
ты смотрел на меня (ухмылка –
как бельма полночи, прильнувшей к стеклу снаружи), и более
не говорил ничего.


Армагеддон

И так стоят друг против друга,
молча и неподвижно,
и всё не начинают.

И вряд ли начнут: все силы
были израсходованы на подготовку к этой битве.
Остались только добро и зло как таковые.
Вон, взгляни, их до сих пор видно,
и даже отсюда – никто не шелохнётся. Ветер
шевелит обвисшие хоругви (что достаточно странно:
откуда бы взяться ветру
в абсолютном пространстве, где нет воздуха?).


Inhalt:  >>

Bachyt Kenžeev

Wie ich die Großen beneide
Как я завидую великим
Das saubre Hemd liegt schon bereit
Готова чистая рубаха

Sergej Gandlevskij

's wird Winter. Bienenkorb steht offen
Что ж, зима. Белый улей распахнут

Tatjana Ščerbina

Die Zuckerpflaume mit den Lippen saugen
Сжимать губами сахарную сливу
Ich weine, weil es kein Gewitter gibt
Я плачу оттого, что нет грозы

Sergej Zav'jalov

Klage der Jaroslavna
Плач Ярославны

Irina Mašinskaja

Wind
Ветер

Sergej Krinicyn

In der gewittrigen, rosigen frischen Luft …
В грозовом и розовом воздухе…
Humberts Morgentraum
Утренний сон Гумберта

Sergej Kruglov

Goethe
Гёте
Armageddon
Армагеддон

>> [1] [2] [3] <<

>> Gennadij Ajgi
>> Vladimir Vysockij
>> Iosif Brodskij
>> Dmitrij Prigov
>> Vladimir Gandel'sman
>> Babylon (90er Jahre)

Gegenwart III