geboren am 9. April 1821 in Paris, Frankreich
gestorben am 31. August 1867 in Paris
Dichter, Übersetzer und Kunstkritiker, der mit seinem Gedichtband
»Die Blumen des Bösen« (erstmals 1857 erschienen)
die Epoche des Symbolismus und der Dekadenz einleitete,
die sich zum Ende des Jahrhunderts zur ästhetischen Hauptrichtung
in Europa entwickelte und noch starken Einfluss auf die Moderne hatte.
Baudelaires Dichtung ist vornehmlich zum Grotesken übersteigerte
Gedankenlyrik, die das überlebte Erbe von Aufklärung und Romantik
aufnahm und zu neuen Ufern führte. Das Böse und das Dämonische sind
bei Baudelaire nicht mehr nur Widersacher des Guten und Engelhaften,
sondern werden zum gleichberechtigten, wenn nicht gar bevorzugten Lebensinhalt.
Durch die Übersteigerung und perfekte formale Durcharbeitung des Gesagten
wird Dichtung nach dem Vorbild E. A. Poes zum bewusst ästhetischen Akt,
der intellektuell und moralisch herausfordern will und eigenständige
Bedeutung erlangt, die höher als das zufällige Leben gesehen wird (L'art pour l'art).
Die Welt ist ein »Wald von Symbolen«, der vom Dichter
nach Belieben umgestaltet werden kann. Das Transzendente wird von der
Dominanz durch Kirche und überlieferter Religion
getrennt und unterliegt freier Gestaltung, oder führt gar ins
glaubenlose Nichts (z. B. in »Sépulture« oder »Le Rêve d'un curieux)«.
Während Baudelaires zersetzende Kraft die dichterische Form und die
Literatursprache weitgehend verschont (eine Ausnahme sind seine Prosagedichte:
»Petits poèmes en prose« (1868)), betreten schon seine unmittelbaren Nachfolger
auch hier Neuland: Verlaine in der extremen Musikalisierung der Sprache
(»Romances sans paroles«), Mallarmé in der Auflösung der Syntax,
Rimbaud in der Auflösung sprachlicher Form- und Sinnzusammenhänge (»Illuminations«).
Baudelaires bleibende dichterische Leistung liegt in der Verschmelzung
klarer, überlieferter Formen mit modernen Inhalten, in denen auch das Böse und
Verworfene als eine gleichberechtigte Seite der menschlichen Natur betrachtet wird.
Eric Boerner
Die Schiffsmannschaft fängt, um sich zu zerstreuen,
Den Albatros manchmal, den riesigen Vogel,
Der lässig und träge die Schiffe begleitet,
Die über den Abgründen rollen und wogen.
Doch kaum dass sie ihn auf den Planken umringen:
Der König der Lüfte tappst tolpatschig, plump,
Erbärmlich erscheinen die riesigen Schwingen
Und baumeln wie Ruder vom mächtigen Rumpf.
Wie stelzt der Geflügelte linkisch und steif!
Wie wirkt der einst Schöne so hässlich und schwach!
Den Schnabel neckt einer mit tönerner Pfeife,
Ein anderer äfft durch Gehumpel ihn nach.
Den Dichter vergleich ich dem König der Höhen.
Er spottet der Pfeile, kein Sturm ihn bezwang,
Doch kommt er zu denen, die ihn verschmähen,
Behindern die mächtigen Schwingen den Gang.
Hoch über den Teichen, hoch über den Tälern,
Den Bergen, den Wäldern, den Wolken und Meeren,
Weit hinter der Sonne, weit hinter dem Äther,
Weit hinter den Grenzen der Sternensphären,
Schwebst du, mein Geist, behände und leicht,
Wie'n guter Schwimmer den Wellenlauf meistert;
Von mannhafter Lust unaussprechlich begeistert,
Durchfliegst du erfreut die Unendlichkeit.
Erhebe dich weit über kranke Miasmen;
Flieg, dich in höchsten Gefilden zu läutern,
Und trinke, als puren Nektar der Götter,
Das reine Feuer des Raums der Phantasmen.
Jenseits des Kummers, von Sorgen erlöst,
Die schwer unser Dasein herniederzwingen,
Ist glücklich, wer da mit kräftigen Schwingen
Zu lichten und heiteren Fluren entschwebt!
Es flattern, wie Lerchen zum Morgenhimmel,
In freiem Flug all seine Gedanken, –
Er schwebt über'm Leben, begreift ohne Schranken
Die Sprache der Blumen, das Schweigen der Dinge!
Die Natur ist ein Tempel: durch Säulen voller Leben
Zuweilen wirre Worte sich ergehn;
Der Mensch durchschreitet Wälder von Symbolen,
Die, ihn betrachtend, mit vertrautem Blick begegnen.
Im tiefen und dunklen Zusammenhang
Des Echos, das weit entfernt wieder erwacht,
So lang wie der Tag und lang wie die Nacht,
Entsprechen sich Farben, und Düfte, und Klang.
Der frische Geruch von kindlichem Fleisch
Ist süß wie Oboen, wie Wiesen so grün –
Und anders: verdorben, begeisternd und reich,
Wie endlose Dinge in Ewigkeit blühn;
Wie Ambra und Moschus und Weihrauch erklingen,
Das Wandeln des Geists und der Sinne besingen.
Um diese Last emporzuheben,
Bräucht's deinen Mut, o Sisyphus!
Wie mutig wir auch was erstreben,
Die Kunst ist lang, die Zeit ist kurz.
Weit weg vom eitlen Grabesrummel,
Zu einem Friedhof, abgelegen,
Zieht es mein Herz, gedämpfte Trommel;
Ein Trauermarsch sind seine Schläge.
So manches Kleinod schläft ganz tief
Vergessen in der Finsternis,
Nicht Lot, noch Hacke es erreichten;
So manche Blume gießt verschnupft
Ganz im Geheimen süßen Duft
In freudlos tiefe Einsamkeiten.
Wie ein steinerner Traum bin ich, Sterbliche! schön,
Meine Brust, an die jeder sich abwechselnd drückt,
Dies Werk, das ewig den Dichter entzückt
Zur Liebe, ist wie die Materie stumm.
Ich throne am Himmel als Rätselsphinx;
Mein Herz mischt mit Schnee das Weiße der Schwäne;
Ich hass die Bewegung, die Linien verschiebt,
Hab niemals geweint und lachte auch nie.
Die Dichter, von meinem Anspruch getrieben,
Den ich den stolzesten Bauten verliehen,
Verzehrn ihre Stunden in kargen Etüden;
Denn ich, sie zu zähmen durch ihr Entzücken,
Hab Quellen des Schönsten, zwei Spiegel so klar:
Meine Augen, die riesig in Ewigkeit strahln!
Kaputte Produkte des hohlen Jahrhunderts:
Die Schönen der Zeitschriften sind mir egal,
Am Finger Kastagnetten, mit stöckelnden Schuhen,
Sie sind meinem Herzen belanglos und schal.
Gavarni kann sie haben, der Dichter der Bleichsucht,
Dieser Krankenhausschönheiten zwitschernde Schar,
Von seinen Rosen, den blassen, erreichte
Nicht eine das Rot, mein Ideal.
Was dieses Herz will, das abgründig schlechte,
Bist du, Lady Macbeth, zu Untaten fähig,
Du Aischylos-Albtraum gen Norden gesandt;
Oder du, große Nacht, Michelangelos Kind,
Das sich gelassen im Nachdenken windet,
In Posen, geschaffen dem Mund der Titanen!
Befremdende Schönheit, der Nacht dunkle Kunde,
Wenn Moschusduft schwängert den Rauch der Havanna,
Ein Blendwerk des Faust aus ferner Savanne,
Ebenholzhexe und Frucht düstrer Stunde;
Mehr als das Opium, Konstanzer Wein,
Schätz ich den Trank liebeheuchelnder Lippen,
Zu dir zieht mein Wünschen auf Dromedarrücken,
Dein Blick: die Zisterne für Qualen und Pein.
Im Schwarz deiner Augen, dem Schmerz deiner Seele,
Hab Mitleid, o Dämon, die Flamme verhehle;
Ich kann nicht wie Styx, dich neunfach umfassen,
Und kann nicht, o weh, dir rastlosen Metze,
Den Mutwillen brechen, zu Tode dich hetzen,
Auf höllischem Lager zur Gattin dich machen.
Komm an mein liebendes Herz, schöner Kater;
In deinen Augen lass mich loten,
Wie sich Metallglanz verschmolz mit Achaten,
Doch deine Krallen lass in den Pfoten.
Wenn deinen Kopf und den biegsamen Rücken
Meine Finger müßig umschmeicheln,
Und meine Hand in berauschtem Entzücken
Deinen elektrischen Körper streichelt,
Dann seh ich im Geist meine Frau. Und ihr Blick
Ist wie der deine, liebliches Tier,
Frostig und tief, wie ein Stachel so spitz, –
Und vom Kopf zu den Pfoten entsprang
Ein Hauch von Gefahr; ein Duft, der verführt,
Schwimmt deinen bräunlichen Körper entlang.
Die Sonne bedeckte sich mit einem Crêpe.
Wie sie hüll dich, Mond meines Lebens, ins Dunkel;
Schlafe und rauche, sei düster, verstumme,
Tauch in den Abgrund der Schwermut hinweg.
So liebe ich dich! Doch möchtest du heute,
Verfinsterter Stern, aus dem Halbschatten treten,
Dort schreiten, wo Narren sich drängen und zetern,
Dann gut! Spring, reizender Dolch, aus der Scheide!
Entzünde dein Aug an den flammenden Lüstern!
Die Blicke der Tölpel, sie machen dich lüstern!
Stets machst du mir Freude, ob wild oder krank;
Sei, was du willst: Morgenrot, schwarze Nacht;
Mein ganzer Leib zittert, jede Faser erwacht,
Ruft: Beelzebub, Liebster, ich bete dich an!
Ich schenk dir diese Verse, falls mein Name
Mit Glück in fernen Zeiten landet sacht
Und Menschenhirne träumen macht am Abend
Wie'n Schiff, das mächtger Nordwind flottgemacht,
Dass dein Gedenken bald, wie wirre Sage
Den Leser wie mit Pauken müde klopft,
Bis er, von meinem stolzen Reim getragen,
An brüderlicher Kette mystisch hofft;
Verfluchtes Wesen, dem in tiefsten Klüften
Bis hin zu höchsten Höhn nichts gleichen dürfte,
Wie mir. – O du, die wie ein flüchtger Schatten
Auf leichten Füßen hüpft mit strahlndem Blick
Auf dumme Sterbliche – die dich bedrückt –
Aus schwarzem Aug, als Bronzeengel flatternd.
Souvent, pour s'amuser, les hommes d'equipage
Prennent des albatros, vastes oiseaux des mers,
Qui suivent, indolents compagnons de voyage,
Le navire glissant sur les gouffres amers.
À peine les ont-ils déposés sur les planches,
Que ces rois de l'azur, maladroits et honteux,
Laissent piteusement leurs grandes ailes blanches
Comme des avirons traîner à côté d'eux.
Ce voyageur ailé, comme il est gauche et veule!
Lui, naguère si beau, qu'il est comique et laid!
L'un agace son bec avec un brûle-gueule,
L'autre mime, en boitant, l'infirme qui volait!
Le Poëte est semblable au prince des nuées
Qui hante la tempête et se rit de l'archer;
Exilé sur le sol au milieu des huées,
Ses ailes de géant l'empêchent de marcher.
Au-dessus des étangs, au-dessus des vallées,
Des montagnes, des bois, des nuages, des mers,
Par delà le soleil, par delà les éthers,
Par delà les confins des sphères étoilées,
Mon esprit, tu te meus avec agilité,
Et, comme un bon nageur qui se pâme dans l'onde,
Tu sillonnes gaiement l'immensité profonde
Avec une indicible et mâle volupté.
Envole-toi bien loin de ces miasmes morbides;
Va te purifier dans l'air supérieur,
Et bois, comme une pure et divine liqueur,
Le feu clair qui remplit les espaces limpides.
Derrière les ennuis et les vastes chagrins
Qui chargent de leur poids l'existence brumeuse,
Heureux celui qui peut d'une aile vigoureuse
S'élancer vers les champs lumineux et sereins;
Celui dont les pensers, comme des alouettes,
Vers les cieux le matin prennent un libre essor,
– Qui plane sur la vie, et comprend sans effort
Le langage des fleurs et des choses muettes!
La Nature est un temple oú de vivants piliers
Laissent parfois sortir de confuses paroles;
L'homme y passe à travers des forêts de symboles
Qui l'observent avec des regards familiers.
Comme de longs échos qui de loin se confondent
Dans une ténébreuse et profonde unité,
Vaste comme la nuit et comme la clarté,
Les parfums, les couleurs et les sons se répondent.
Il est des parfums frais comme des chairs d'enfants,
Doux comme les hautbois, verts comme les prairies,
– Et d'autres, corrompus, riches et triomphants,
Ayant l'expansion des choses infinies,
Comme l'ambre, le musc, le benjoin et l'encens
Qui chantent les transports de l'esprit et des sens.
Pour soulever un poids si lourd.
Sisyphe, il faudrait ton courage!
Bien qu'on ait du cœur à l'ouvrage,
L'Art est long et le Temps est court.
Loin des sépultures célèbres,
Vers un cimetière isolé,
Mon cœur, comme un tambour voilé.
Va battant des marches funèbres.
– Maint joyau dort enseveli
Dans les ténèbres et l'oubli,
Bien loin des pioches et des sondes;
Mainte fleur épanche à regret
Son parfum doux comme un secret
Dans les solitudes profondes.
Je suis belle, ô mortels! comme un rêve de pierre,
Et mon sein, où chacun s'est meurtri tour à tour,
Est fait pour inspirer au poëte un amour
Éternel et muet ainsi que la matière.
Je trône dans l'azur comme un sphinx incompris;
J'unis un cœur de neige à la blancheur des cygnes;
Je hais le mouvement qui déplace les lignes,
Et jamais je ne pleure et jamais je ne ris.
Les poëtes, devant mes grandes attitudes,
Que j'ai l'air d'emprunter aux plus fiers monuments,
Comsumeront leurs jours en d'austères études;
Car j'ai, pour fasciner ces dociles amants,
De purs miroirs qui font toutes choses plus belles:
Mes yeux, mes larges yeux aux clartés éternelles!
Ce ne seront jamais ces beautés de vignettes,
Produits avariés, nés d'un siècle vaurien,
Ces pieds à brodequins, ces doigts à castagnettes,
Qui sauront satisfaire un cœur comme le mien.
Je laisse à Gavarni, poëte des chloroses,
Son troupeau gazouillant de beautés d'hôpital,
Car je ne puis trouver parmi ces pâles rosés
Une fleur qui ressemble à mon rouge idéal.
Ce qu'il faut à ce cœur profond comme un abîme,
C'est vous, Lady Macbeth, âme puissante au crime,
Rêve d'Eschyle éclos au climat des autans;
Ou bien toi, grande Nuit, fille de Michel-Ange,
Qui tors paisiblement dans une pose étrange
Tes appas façonnés aux bouches des Titans!
Bizarre déité, brune comme les nuits,
Au parfum mélangé de musc et de havane,
Œuvre de quelque obi, le Faust de la savane,
Sorcière au flanc d'ébène, enfant des noirs minuits,
Je préfère au constance, à l'opium, au nuits,
L'éxilir de ta bouche où l'amour se pavane;
Quand vers toi mes désirs partent en caravane,
Tes yeux sont la citerne où boivent mes ennuis.
Par ces deux grands yeux noirs, soupiraux de ton âme,
Ô démon sans pitié! vers-moi moins de flamme;
Je ne suis pas le Styx pour t'embrasser neuf fois,
Hélas! et je ne puis, Mégère libertine,
Pour briser ton courage et te mettre aux abois,
Dans l'enfer de ton lit devenir Proserpine!
Viens, mon beau chat, sur mon cœur amoureux;
Retiens les griffes de ta patte,
Et laisse-moi plonger dans tes beaux yeux,
Mêlés de métal et d'agate.
Lorsque mes doigts caressent à loisir
Ta tête et ton dos élastique,
Et que ma main s'enivre du plaisir
De palper ton corps électrique,
Je vois ma femme en esprit. Son regard,
Comme le tien, aimable bête,
Profond et froid, coupe et fend comme un dard,
Et, des pieds jusques à la tête,
Un air subtil, un dangereux parfum,
Nagent autour de son corps brun.
Le soleil s'est couvert d'un crêpe. Comme lui,
Ô Lune de ma vie! emmitoufle-toi d'ombre;
Dors ou fume à ton gré; sois muette, sois sombre,
Et plonge tout entière au gouffre de l'Ennui;
Je t'aime ainsi! Pourtant, si tu veux aujourd'hui,
Comme un astre éclipsé qui sort de la pénombre,
Te pavaner aux lieux que la Folie encombre,
C'est bien! Charmant poignard, jaillis de ton étui!
Allume ta prunelle à la flamme des lustres!
Allume le désir dans les regards des rustres!
Tout de toi m'est plaisir, morbide ou pétulant;
Sois ce que tu voudras, nuit noire, rouge aurore;
II n'est pas une fibre en tout mon corps tremblant
Qui ne crie: Ô mon cher Belzébuth, je t'adore!
Je te donne ces vers afin que si mon nom
Aborde heureusement aux époques lointaines,
Et fait rêver un soir les cervelles humaines,
Vaisseau favorisé par un grand aquilon,
Ta mémoire, pareille aux fables incertaines,
Fatigue le lecteur ainsi qu'un tympanon,
Et par un fraternel et mystique chaînon
Reste comme pendue à mes rimes hautaines;
Être maudit à qui, de l'abîme profond
Jusqu'au plus haut du ciel, rien, hors moi, ne répond!
– Ô toi qui, comme une ombre à la trace éphémère,
Foules d'un pied léger et d'un regard serein
Les stupides mortels qui t'ont jugée amère,
Statue aux yeux de jais, grand ange au front d'airain!