[Charles Baudelaire]

Charles Baudelaire (1821 – 1867)

Der Tod der Liebenden

Wir werden Betten haben voller leichter Düfte
Und Liegestätten tief, so wie das Grab,
Hoch auf den Etageren stehen fremde Blüten,
Die der schönste Himmel für uns barg.

An den Neid gewöhnt, werden unsre Herzen
In der letzten Glut mächtige Fackeln sein,
Die unsern beiden Geistern zweifach Lichtschein werfen,
Der in Doppelspiegeln widerscheint.

Eines rosenfarbnen, mystisch-blauen Abends
Werden wir uns wandeln in einen einzgen Blitz,
Der ein langes Schluchzen ist, mit Abschied schwer beladen;

Später naht ein Engel, der die Türn entriegelt,
Der erneut belebt, sehr treu und sehr gewitzt,
All die toten Flammen und die blinden Spiegel.


Der Tod der Armen

Ach, der uns tröstet, ist der Tod, der uns auch leben macht,
Der unsre einzge Hoffnung ist, und unser Lebensziel,
Der uns berauscht wie'n Zaubertrank und unsern Geist entfacht,
Der für den Gang ins Abendrot das Herz mit Mut uns füllt;

Durch den Sturm, und durch den Schnee, und durch den Raureif auch,
Ist er der helle Flimmerschein an unserm schwarzen Horizont;
Er ist, das man in Büchern rühmt, das teure Gästehaus,
Wo man gut speisen, sitzen kann, und im Schlaf sich schont;

Er ist ein Engel, der ganz fest in Fingern, die magnetisch,
Den Schlaf hält und die Gabe des Träumens, höchst pathetisch,
Der armen, nackten Menschen von Neuem macht das Bett;

Er ist der Götter Glorienschein, ist der geheime Speicher,
Des Armen altes Vaterland, sein Beutel voller Reichtum,
Er ist das Himmelstor, das tief ins Unbekannte späht!


Der Tod der Künstler

Wie oft soll ich die Schellen schütteln hier
Und deine Flachstirn küssen, öde Karikatur?
Das Ziel zu treffen mystischer Natur,
Wieviele Pfeile, o mein Köcher, noch verliern?

Wir zerrütten unsre Seeln, da wir uns fein verschwörn,
Und schlagen manche Rüstung klein und kurz,
Bevor wir schaun die große Kreatur,
Nach der in Höllenqualn wir uns verzehrn!

Manch einer kannte niemals sein Idol,
Und diesen Bildhauern, die Hohn und Spott frustriern,
Die tief gekränkt sich schlagen Brust und Stirn,

Bleibt nur ein Hoffen, fremdes, düstres Kapitol:
Das einst der Tod, als neue Sonne schwebend,
Die Blumen ihres Hirns bringt neu zum Leben!


Das Ende des Tages

Unter einem Licht, ganz bleich,
Läuft, tanzt, dreht sich ohne Sinn
Das Leben, schamlos, voll Geschrei.
Darum, wenn die Nacht beginnt,

Lustvoll in den Himmel taucht,
Alles stillt, den Hunger gar,
Alles tilgt, die Schande auch,
»Endlich!«, sich der Dichter sagt,

»Ruft mein Geist, wie mein Gebein,
Nach der Ruhe sehnsuchtsvoll;
Das Herz fülln Friedhofsträumerein,

Ich will mich auf mein Lager trolln
Und mich in eure Decken rolln,
Ihr Düsternisse, die erfreun!«


Der Traum eines Neugierigen

                               Für F. N.

Findest du, wie ich, im Leiden den Genuss
Und sagt man auch von dir: »Ein sonderbarer Mann!« –
Ich ging dem Tod entgegen. In meine Seele drang
Ein höchst privater Schrecken, schmerzerfüllte Lust;

Furcht und Zuversicht, ohne falschen Schein.
Gleich seh ich, wie im Glas das letzte Sandkorn fällt,
Gleich wird die Qual noch feiner, bitterer die Pein;
Mein Herz reißt ganz sich los von der vertrauten Welt.

Ich bin ganz wie ein Kind eh's Puppenspiel beginnt,
Das den Vorhang hasst, wie wir ein Hindernis …
Endlich zeigt die kalte Wahrheit sich:

Ich bin nur einfach tot und schrecklich hüllt mich ein
Das Morgenrot. – Und nun? Das soll alles sein?
Der Stoff ist weg und noch immer warte ich.


Epigraph für ein verurteiltes Buch

Du friedlicher Leser des Hirtengedichts,
Du Gutmensch, nüchtern und naiv,
Wirf fort dies Buch, das depressiv,
Saturnisch und orgiastisch ist.

Konntst du nicht die Rhetorik lernen
Bei Satan, diesem List-Doyen,
Wirf's fort! Du wirst kein Wort verstehn,
Mich krank oder hysterisch nennen.

Doch wenn, ohne verführt zu werden,
Durch Abgründe dein Auge strich,
Um mich zu lieben: Lese mich;

Leidende Seele, wissbegierig,
Die ihren Garten Eden sucht,
Bedaure mich! … Sonst sei verflucht!


Der Mahner

Ein jeder Mensch, des Namens wert,
Im Herz die gelbe Schlange hört,
Auf einem Thron sie dort erscheint,
Die, wenn er sagt: »Ich will!« spricht: »Nein!«

Blickt er ins Auge, wie von Sinnen,
Den Nixen und den Satyrinnen,
Der Zahn spricht: »Denk an deine Pflicht!«

Pflanze Bäume, mache Kinder,
Hau den Marmor, Verse zimmre,
Der Zahn spricht: »Stirbst du abends nicht?«

Was er erhofft, was er auch plant,
Der Mensch lebt kein Sekündchen lang,
Ohne dass mit spitzem Zahn
Die Viper unerträglich mahnt.


Weit fern von hier

Dies ist das heilige Gemach,
Wo's reich geschmückte Mädchen wacht,
Das stets bereit bei Tag und Nacht;

Den Brüsten fächelt eine Hand,
Im Bett stützt sie sich auf gewandt,
Hört sich des Springquells Schluchzen an:

Dies ist die Kammer Dorothees. –
Fern Lieder seufzend, wiegen leis
Das Wasser und der Wind der See
Die Göre ein, die so verwöhnt.

Mit Sorgfalt ist am ganzen Leib
Die Haut mit Öl und Benzoe
Gesalbt, denen ein Duft entsteigt. –
Im Eck ein Sträußchen sich verneigt.


Die Klagen eines Ikarus

Die Freier der käuflichen Damen
Sind glücklich, befriedigt und satt;
Doch ich, der die Wolken umfasst,
Habe gebrochene Arme.

Die gnädig erstrahlenden Sterne
Verlöschend am Himmelsgrund stehn:
Verblendete Augen nicht sehn
Die Grüße der Sonnen im Fernen.

Ich suchte im All zu begreifen
Die endliche Weite der Welt;
Und spür', wie mein Flügel zerfällt,
Verbrannt vom Auge des Feuers;

Dem Schönen verbunden so tief,
Weiß ich keine höhere Ehre,
Als meinen Namen zu schenken dem Meere,
Das mir als Grabstätte dient.


La Mort des amants

Nous aurons des lits pleins d'odeurs légères,
Des divans profonds comme des tombeaux,
Et d'étranges fleurs sur des étagères,
Écloses pour nous sous des cieux plus beaux.

Usant à l'envi leurs chaleurs dernières,
Nos deux cœurs seront deux vastes flambeaux,
Qui réfléchiront leurs doubles lumières
Dans nos deux esprits, ces miroirs jumeaux.

Un soir fait de rose et de bleu mystique,
Nous échangerons un éclair unique,
Comme un long sanglot, tout chargé d'adieux;

Et plus tard un Ange, entr'ouvrant les portes,
Viendra ranimer, fidèle et joyeux,
Les miroirs ternis et les flammes mortes.


La Mort des pauvres

C'est la Mort qui console, hélas! et qui fait vivre;
C'est le but de la vie, et c'est le seul espoir
Qui, comme un élixir, nous monte et nous enivre,
Et nous donne le cœur de marcher jusqu'au soir;

À travers la tempête, et la neige, et le givre,
C'est la clarté vibrante à notre horizon noir;
C'est l'auberge fameuse inscrite sur le livre,
Où l'on pourra manger, et dormir, et s'asseoir,

C'est un Ange qui tient dans ses doigts magnétiques
Le sommeil et le don des rêves extatiques,
Et qui refait le lit des gens pauvres et nus;

C'est la gloire des Dieux, c'est le grenier mystique,
C'est la bourse du pauvre et sa patrie antique,
C'est le portique ouvert sur les Cieux inconnus!


La Mort des artistes

Combien faut-il de fois secouer mes grelots
Et baiser ton front bas, morne caricature?
Pour piquer dans le but, de mystique nature,
Combien, ô mon carquois, perdre de javelots?

Nous userons notre âme en de subtils complots,
Et nous démolirons mainte lourde armature,
Avant de contempler la grande Créature
Dont l'infernal désir nous remplit de sanglots!

Il en est qui jamais n'ont connu leur Idole,
Et ces sculpteurs damnés et marqués d'un affront,
Qui vont se martelant la poitrine et le front,

N'ont qu'un espoir, étrange et sombre Capitole!
C'est que la Mort, planant comme un soleil nouveau,
Fera s'épanouir les fleurs de leur cerveau!


La Fin de la journée

Sous une lumière blafarde
Court, danse et se tord sans raison
La Vie, impudente et criarde.
Aussi, sitôt qu'à l'horizon

La nuit volupteuse monte,
Apaisant tout, même la faim,
Effaçant tout, même la honte,
Le Poëte se dit: «Enfin!

Mon esprit, comme mes vertèbres,
Invoque ardemment le repos;
Le cœur plein de songes funèbres,

Je vais me coucher sur le dos
Et me rouler dans vos rideaux,
Ô rafraîchissantes ténèbres!»


Le Rêve d'un curieux

                           À F. N.

Connais-tu, comme moi, la douleur savoureuse,
Et de toi fais-tu dire: «Oh! l'homme singulier!»
– J'allais mourir. C'était dans mon âme amoureuse,
Désir mêlé d'horreur, un mal particulier;

Angoisse et vif espoir, sans humeur factieuse.
Plus allait se vidant le fatal sablier,
Plus ma torture était âpre et délicieuse;
Tout mon cœur s'arrachait au monde familier.

J'étais comme l'enfant avide du spectacle,
Haïssant le rideau comme on hait un obstacle…
Enfin la vérité froide se révéla:

J'étais mort sans surprise, et la terrible aurore
M'enveloppait. – Eh quoi! n'est-ce donc que cela?
La toile était levée et j'attendais encore.


Épigraphe pour un livre condamné

Lecteur paisible et bucolique,
Sobre et naïf homme de bien.
Jette ce livre saturnien,
Orgiaque et mélancolique.

Si tu n'as fait ta rhétorique
Chez Satan, le rusé doyen,
Jette! tu n'y comprendrais rien,
Ou tu me croirais hystérique.

Mais si, sans se laisser charmer,
Ton œil sait plonger dans les gouffres,
Lis-moi, pour apprendre à m'aimer;

Âme curieuse qui souffres
Et vas cherchant ton paradis.
Plains-moi! … Sinon, je te maudis!


L'Avertisseur

Tout homme digne de ce nom
A dans le cœur un Serpent jaune,
Installé comme sur un trône,
Qui, s'il dit: «Je veux!» répond «Non!»

Plonge tes yeux dans les yeux fixes
Des Satyresses ou des Nixes,
La Dent dit: «Pense à ton devoir!»

Fais des enfants, plante des arbres,
Polis des vers, sculpte des marbres,
La Dent dit: «Vivras-tu ce soir?»

Quoi qu'il ébauche ou qu'il espère.
L'homme ne vit pas un moment
Sans subir l'avertissement
De l'insupportable Vipère.


Bien loin d'ici

C'est ici la case sacrée
Où cette fille très-parée.
Tranquille et toujours préparée,

D'une main éventant ses seins,
Et son coude dans les coussins,
Écoute pleurer les bassins :

C'est la chambre de Dorothée.
– La brise et l'eau chantent au loin
Leur chanson de sanglots heurtée
Pour bercer cette enfant gâtée.

Du haut en bas, avec grand soin,
Sa peau délicate est frottée
D'huile odorante et de benjoin.
– Des fleurs se pâment dans un coin.


Les Plaintes d'un Icare

Les amants des prostituées
Sont heureux, dispos et repus;
Quant à moi, mes bras sont rompus
Pour avoir étreint des nuées.

C'est grâce aux astres nonpareils,
Qui tout au fond du ciel flamboient,
Que mes yeux consumés ne voient
Que des souvenirs de soleils.

En vain j'ai voulu de l'espace
Trouver la fin et le milieu;
Sous je ne sais quel œil de feu
Je sens mon aile qui se casse;

Et brûle par l'amour du beau,
Je n'aurai pas l'honneur sublime
De donner mon nom à l'abîme
Qui me servira de tombeau.


<<Illeguan

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